Obwohl sich der Kenntnisstand zu MS in der Öffentlichkeit auch dank der langjährigen Aufklärungsarbeit durch die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) verbessert hat, gibt es immer noch Vorurteile, Missverständnisse und Irrtümer, die sich hartnäckig halten. Wir stellen einigen Mythen Fakten gegenüber und wollen so mit Missverständnissen aufräumen.
MS steht nicht für Muskelschwund
Einige Menschen nehmen an, MS ist die Abkürzung für „Muskelschwund“. Dem ist aber nicht so. MS ist keine primäre Muskelerkrankung, sondern eine durch Autoimmunreaktionen ausgelöste neurologische Erkrankung. MS kann die Signalweiterleitung zu den Muskeln beeinträchtigen, was zum Rückgang der Muskelkraft und Muskelmasse führt. Muskelzellen sterben aber bei MS nicht ab und Physiotherapie kann deshalb helfen, dem Muskelabbau entgegenzuwirken.
Wer an MS erkrankt ist, endet nicht zwangsläufig im Rollstuhl
Bei MS denken viele Menschen immer noch sofort an Rollstuhl und Gehhilfen. Durch moderne MS-Therapien und die Behandlung der Symptome sind Menschen mit MS aber nicht zwangsläufig an einen Rollstuhl gebunden.
Ein normales Arbeitsleben ist auch für MS-Betroffene möglich
MS kann Auswirkungen auf Deine Arbeitsfähigkeit haben. Das heißt aber nicht, dass ein normales Arbeitsleben nicht mehr möglich ist. Abhängig von den Anforderungen des Berufes und dem Ausmaß der Symptome musst Du Dein Arbeitsleben eventuell neu arrangieren, aber nicht zwingend aufgeben. Einige Betroffene erfinden sich sogar ganz neu und starten eine Karriere, die sie andernfalls nie begonnen hätten.
MS und Kinderwunsch – klar geht das
Es spricht nichts dagegen, dass Paare, bei denen eine*r oder beide Partner*innen an MS erkrankt sind, gesunde Kinder bekommen. Sprich aber frühzeitig mit Deinem Arzt bzw. Deiner Ärztin, am besten schon, wenn ihr eine Schwangerschaft plant. Eventuell müssen bestimmte MS-Medikamente vorübergehend abgesetzt werden.
»Genieße Dein Leben. Es gibt keinen Grund, sich unnötig einzuschränken.«
Mit MS muss man sich nicht ständig schonen
Bei einer MS ist entgegen dem bestehenden Vorurteil sportliche Betätigung keineswegs verboten. Ganz im Gegenteil! Körperlich aktiv zu sein und Sport zu treiben, ist sogar empfehlenswert.
Auch wenn kein Schub auftritt, kann die MS aktiv sein
Bei einigen Menschen mit Multipler Sklerose kann sich die Erkrankung auch ohne Schübe kontinuierlich verschlechtern. Und selbst wenn keine Läsionen (Schäden im zentralen Nervensystem) im MRT-Bild sichtbar sind, kann die MS aktiv sein. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass neben den akuten Entzündungen, die Schübe verursachen, auch chronische Entzündungsprozesse vorliegen können. Diese können ablaufen ohne, dass Betroffene Schübe haben oder akute Symptome bemerken.
Diese „stille“ Aktivität der MS wird auch als „smoldering MS" bzw. „schwelende MS" bezeichnet. Sie ist von Krankheitsbeginn an vorhanden und kann zu einer schleichenden, kaum merkbaren Verschlechterung führen. Daher ist es wichtig, nicht nur auf akute Schübe zu achten, sondern auch subtile Veränderungen im Alltag wahrzunehmen und diese mit Deinem Neurologen oder Deiner Neurologin zu besprechen.
Häufig gestellte Fragen
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Der medizinische Begriff für Muskelschwund ist Muskelatrophie. Eigentlich handelt es sich dabei um ein Symptom und nicht um eine eigene Erkrankung. Bei Muskelschwund passiert das, was der Name schon sagt: Muskelmasse schwindet. Genauer gesagt geht Muskelmasse verloren, weil sich Muskelfasern verkleinern oder ihre Zahl abnimmt. Dadurch nimmt auch die Muskelkraft ab. Muskelschwund kann viele Ursachen haben, zum Beispiel Bewegungsmangel, Nervenschädigungen, Fehlbelastungen oder sogenannte neuromuskuläre Erkrankungen wie beispielsweise ALS (Amyotrophe Lateralsklerose).
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Es gibt einige Erkrankungen, bei denen Symptome auftreten, die auch bei MS vorkommen. Dazu gehören zum Beispiel andere Autoimmunerkrankungen wie die akut disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM), Optikusneuritis, Myelitis transversa und die Neuromyelitis optica (NMO)3. Um MS von diesen Erkrankungen unterscheiden zu können, ist ein komplexer Diagnoseprozess notwendig. Was bei der Diagnose passiert und was eine Ausschlussdiagnose ist, kannst Du im Artikel „Wie wird Multiple Sklerose diagnostiziert?“ nachlesen.
Quellen:
1. AMSEL – Aktion Multiple Sklerose Erkrankter Landesverband. Irrtum: MS stehe für Muskelschwund. www.amsel.de/multiple-sklerose-news/medizin/irrtum-ms-stehe-fuer-muskelschwund/, letzter Zugriff: 26.02.2025
2. Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e. V. Neuromuskuläre Erkrankungen im Überblick. www.dgm.org/muskelerkrankungen, letzter Zugriff: 26.02.2025
3. Gärtner J, Huppke P. Multiple Sklerose (MS) und MS ähnliche Erkrankungen. In: Hoffmann G, Lentze M, Spranger J, Zepp F (eds). Pädiatrie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-41866-2_216, letzter Zugriff: 11.04.2025
MAT-DE-2501899-1.0-05/2025