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Der Kampf gegen die MS im Berufsleben

Seebrücke mit Schild: Betreten auf eigene Gefahr

Im Jahr 2014 bekam ich meine Diagnose der MS. Zu dem Zeitpunkt war ich bereits arbeitsunfähig, weil ich mir auf der Arbeit die Außenbänder gerissen habe. Somit waren für sechs Wochen Krücken angesagt. Als ich dann meine ersten Strecken ohne Krücken machte, kamen die ersten Symptome der Multiplen Sklerose ans Tageslicht.

Schub 1, 2 und 3 – es lief wie am Schnürchen

War es zu Anfang noch ein vermuteter Bandscheibenvorfall, so entpuppte sich das Ganze als erster Schub. Klingt kurz und knapp, aber was für eine Odyssee ich da habe über mich ergehen lassen, kann sich jeder Abonnent der MS sicher vorstellen.

Ich war also schon sechs Wochen raus und jeder weiß, dass das normalerweise die Grenze der Lohnfortzahlung ist und dann Krankengeld angesagt ist. Dabei war es egal, ob es zwei unterschiedliche Krankheitsbilder waren. Krank ist krank.

Nun bin ich in der Chemie tätig und der Tarifvertrag rettet einen mit seinen Leistungen, je nach Betriebszugehörigkeit, über die Zeit und die Firma stockte auf. Schon vier Wochen später Schub Nr. 2, dann folgte die Reha und im Anschluss an die Reha kam Schub Nr. 3 … Hauptgewinn.

Und noch schnell die Weiterbildung

Im März nahm dieser Marathon seinen Lauf und zack war es Juli. Nun war es so, dass ich zu einer Weiterbildung angemeldet war und die sollte im Juli stattfinden. Zu dem Zeitpunkt sah es bei meinem Arbeitgeber nicht sehr rosig aus und ich wollte unbedingt diese Weiterbildung, um mich besser zu stellen als andere im Unternehmen. Kurz davor kam der besagte dritte Schub, und ich wusste, dass ich maximal fünf Tage in der Klinik bleiben musste. Also hin, behandeln lassen und ab nach Hause.

Auf der Arbeit wurden die Stimmen schon laut, ob man da nicht besser jemand anderen hinschickt. Ich war parat, aber unter was für Umständen. Der dritte Schub betraf die Hände. Ich konnte kaum einen Stift halten und musste mitschreiben. Es ging nur mit einer Stiftverdickung und Fotografieren des Whiteboards mittels Smartphone. Ich hab's durchgezogen und bin anschließend für eine Woche zurück in die Firma, und dann startete mein Sommerurlaub.

Manche verstehen's, manche nicht

Ich bin dann auch mit gemischten Gefühlen in den Urlaub gegangen, es gab auch noch andere Menschen, die nach Urlaub lechzten. Nach meinem Urlaub gab es ein sogenanntes BEM-Gespräch, wo mir mein zuständiger Manager nen Vortrag über die schwarze Pest gehalten hat. !!! WTF !!! Eben genau auch dieser Mensch hatte auch in meiner Abwesenheit kein Halt davor gemacht, anderen zu sagen, dass man zu so einer Weiterbildung doch lieber jemanden schicken sollte, der gesund ist und von dem wir noch was haben. Nun ja, das habe ich erst sehr spät erfahren und da war eben auch dieser Mensch nicht mehr für das Unternehmen tätig, also abgehakt.

Ich arbeite im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb und man ist auf einer festen Schicht. Ich habe meine Diagnose damals all meinen Schichtkollegen mitgeteilt, damit jeder eben weiß, dass ich nicht unbedingt einen Schnupfen habe, wenn ich mal ausfalle.

Plötzliche Unterstützung

Die Zeiten in der Firma wurden durch einen Wechsel der Geschäftsführung rosiger und die Managerposition wurde auch neu bekleidet. Ich bin jedoch dort mit meiner Erkrankung nicht hausieren gegangen, weil ich die neue Führung nicht einzuschätzen wusste. Meine Kollegen und alle anderen haben mich so behandelt wie immer. Bei einigen habe ich Aufklärungsarbeit geben müssen und einige kamen auch damit raus, dass Bekannte oder sogar die eigene Ehefrau von MS betroffen ist.

Irgendwann einmal stand der neue, für mich zuständige Manager vor mir und fragte mich, wie es mir geht. Ich antwortete, dass es mir gut geht und daraufhin sagt er: „Ich weiß, was mit Dir los ist. Wir möchten, dass es Dir gut geht“, und verließ das Büro. Ich war baff und habe mich sehr gefreut, dass jemand, der mich kaum kannte, so viel Interesse an meiner Gesundheit hatte. Mittlerweile glaube ich, denken viele meiner Kollegen nicht mehr daran, dass ich eine chronische Krankheit habe. Meine Kontrolltermine lege ich in meine Freizeit, ich war seit drei Jahren nicht krank. Ich falle höchstens durch meine sportlichen Leistungen auf, aber das ist ein anderes Thema. Das Ganze hilft dabei, zu vergessen, dass man anders ist.

Es bleibt aber die Frage, was ist, wenn es mich nochmal erwischt. So wirklich weiß man es nie …

Landstrasse mit Blick auf ein Industriegelände

GZDE.MS.18.03.0180