Wissen

13 Min. Lesezeit

Neues aus der Wissenschaft

Neues aus der Wissenschaft

Die medizinische Forschung ist auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose sehr aktiv. Eine Vielzahl an Wissenschaftlern arbeitet daran, die bestehenden Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern und neue zu entwickeln. Hier findest Du aktuelle Nachrichten aus der Forschung und spannende Erkenntnisse aus der Welt des Wissens.

    Wird eine MS diagnostiziert, so ist es schwierig vorherzusagen, wie sich die Erkrankung auf Dauer entwickeln wird. Hinweise hierauf kann jedoch eine Messung der sogenannten Neurofilament Leichtketten Proteine, kurz NFL, geben. Das hat eine Studie des Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) ergeben1.

    Forscher der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz haben das Potenzial des neuen Biomarkers in einer Studie bei mehr als 800 Patienten mit früher MS untersucht. Die Patienten wurden dabei in die Studie eingeschlossen, bevor eine MSTherapie begonnen wurde.

    Die Mainzer Neurologen konnten zum einen zeigen, dass die Hinzunahme von NFL zu den Diagnosekriterien die diagnostische Genauigkeit verbessert. Zum anderen kann die Bestimmung des NFL möglicherweise künftig auch dazu beitragen, die Behandlung besser noch als bisher an die individuelle Situation des Patienten anzupassen.

    Denn in der Studie kannten zum Zeitpunkt der Therapieentscheidung weder die Ärzte noch die Patienten den aktuellen Wert des NFL. Im Nachhinein zeigte sich dann, dass Patienten, bei denen eine Behandlungsoption mit starker Wirksamkeit gewählt worden war, besonders hohe NFL-Werte aufwiesen. Patienten, die sich bei der Folgeuntersuchung nach zwei Jahren in der höchsten Therapiestufe befanden, zeigten zudem bereits beim Studieneinschluss die höchsten NFL-Konzentrationen im Blut. Dies unterstreicht nach Angaben der Forscher das Potenzial von NFL als Entscheidungshilfe bei der Therapiewahl.

    Quelle: 1. Bittner S et al., EBioMedicine 2020; 56; 102807,
    https://doi.org/10.1016/j. ebiom.2020.102807

    Kann eine bestimmte Ernährungsweise zu Verbesserungen von MS-Symptomen führen oder die Krankheitsaktivität positiv beeinflussen? Diese Fragen stellen sich viele Betroffene und Ärzte gleichermaßen. Bisher gibt es zwar keine wissenschaftlich untermauerte MS-Diät, aber auf dem Gebiet wird viel geforscht und es gibt immer wieder interessante Erkenntnisse.

    Die sogenannte IGEL-Studie gibt Hinweise darauf, dass sich die schubförmig-remittierende Multiple Sklerose durch eine ketogene Diät und durch modifiziertes Fasten positiv beeinflussen lässt. Das Ergebnis dieser Pilotstudie zu verifizieren, ist Ziel der Nachfolgestudie NAMS (Nutritional Approaches in Multiple Sclerosis) des NeuroCure Clinical Research Centers der Charité Universitätsmedizin in Zusammenarbeit mit dem Immanuel Krankenhaus in Berlin. Es werden dabei die Auswirkungen verschiedener Ernährungskonzepte auf den Verlauf der MS und auf spezielle Krankheitsparameter wie beispielsweise die Schubrate, die Entwicklung neuer Läsionen im Gehirn und die Lebensqualität der Patienten geprüft. Untersucht werden die Effekte von:

    • intermittierendem Fasten, also des sogenannten Intervallfastens mit einer täglichen Nahrungskarenz von 14 Stunden,
    • einer ketogenen Ernährung, also einer fettreichen und kohlenhydratarmen Kost,
    • einer entzündungshemmenden Ernährung, bei der vor allem pflanzliche Nahrungsmittel entsprechend den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung 9 (DGE) verzehrt werden (www.dmsg.de, Rubrik: Nachrichten/MS-Forschung).

    Die konkrete Ursache der Multiplen Sklerose ist bislang nicht bekannt. Nun mehren sich die Hinweise darauf, dass möglicherweise Bakterien der natürlichen Darmflora bei Personen mit einer familiären Veranlagung eine Rolle bei der Krankheitsentstehung spielen können.

    Das lassen tierexperimentelle Befunde von Wissenschaftlern an den Universitätskliniken München und Münster sowie dem Max-Planck-Institut (MPI) für Neurobiologie in München vermuten. Sie konnten zeigen, dass die Darmflora an MS erkrankter Patienten bei der Übertragung auf ein Tiermodell eine MS-ähnliche Krankheit auslösen kann.

    Angriff durch autoaggressive Immunzellen
    Ein Zusammenhang zwischen der natürlichen Darmflora und der Multiplen Sklerose ist nach Darstellung der Forscher durchaus möglich. Denn die MS gilt als eine sogenannte Autoimmunerkrankung. Bei solchen Erkrankungen greifen fehlgeleitete Zellen des Immunsystems körpereigene Zellen an. Bei der MS sind Zellen in Gehirn und Rückenmark das Ziel dieses Angriffs. Der von den autoaggressiven sogenannten T-Zellen ausgelöste Angriff schädigt die betroffenen Nervenzellen und kann zum Abbau ihrer Hüllschicht führen. Die Zellen können dadurch absterben und Nervenreize werden nicht mehr korrekt weitergegeben.

    Potentiell autoaggressive T-Zellen hat nach Angaben der Wissenschaftler jeder Mensch. Doch die Zellen sind in der Regel lebenslang im „Schlafzustand“. Bei manchen Menschen wird jedoch ihr krankmachendes Potential geweckt – es kommt zum Ausbruch der MS. Den Grund für die Aktivierung der Zellen vermuten die Wissenschaftler in einer Kombination aus Genetik und Umweltfaktoren. „Wir kennen mittlerweile mehr als 200 Gene, die den Menschen für eine MS- Erkrankung empfänglich machen“, gibt Professor Dr. Hartmut Wekerle vom MPI für Neurobiologie in einer Pressemitteilung des Instituts an. Damit es zur Erkrankung kommt, ist nach seinen Angaben ein Auslöser erforderlich.

    Bislang wurde vermutet, dass es vor allem nach Infektionen zum Ausbruch der MS kommt. Zusammen mit seinen Mitarbeitern fand der Neuroimmunologe heraus, dass wahrscheinlich auch Bakterien der natürlichen Darmflora als Auslöser fungieren können. Die Forscher konnten nämlich zeigen, dass Mikroorganismen im Darm genetisch veränderter, autoimmuner Mäuse T-Zellen aktivieren können, die bei den Tieren zu einer der menschlichen Erkrankung ähnlichen Entzündung im Gehirn führen.

    Hinweise durch Studien bei Zwillingen
    Auf Basis dieser Befunde untersuchten die Forscher die Zusammensetzung der Darmflora von gesunden und an MS erkrankten Menschen und unter anderem auch von eineiigen Zwillingspaaren. In seltenen Fällen haben MS-Patienten eineiige Zwillingsgeschwister, wobei meistens nur ein Zwilling an MS erkrankt, während der andere gesund ist. Dies ist bereits ein Hinweis dafür, dass bei der MS- Entstehung nicht nur genetische Faktoren wirksam sind.

    Beim Vergleich der Darmflora der Zwillinge zeigten sich einige interessante, aber nur geringfügige Unterschiede. Wurden jedoch keimfrei gehaltene, genetisch veränderte Mäuse mit der jeweiligen menschlichen Darmflora geimpft, erkrankten nahezu alle Tiere, die die Darmfloraproben der MS- Patienten erhielten, an einer MS-ähnlichen Hirnentzündung. Bestandteile der Darmflora von MS- Patienten scheinen somit eine Aktivierung von T-Zellen auslösen und so eine Multiple Sklerose hervorrufen zu können. Ob und wann sich aus den Versuchsergebnissen neue Optionen bei der Diagnostik und Behandlung der MS ergeben können, ist nach Angaben der Forscher derzeit noch fraglich.

    Quelle: Berer K et al. Gut microbiota from multiple sclerosis patients enables spontaneous autoimmune encephalomyelitis in mice. Proc Natl Acad Sci 2017; 114(49): 10719–24

    Menschen mit MS leiden nicht selten unter Verstopfung (Obstipation). Eine Bauchmassage kann bei entsprechender Aufklärung helfen, den Darm auf Trab zu bringen.

    Das hat eine Studie bei 189 Patienten gezeigt, deren Ergebnis beim Fachkongress ECTRIMS im Oktober 2017 in Paris vorgestellt wurde. Ursache der Verstopfung können nach Angaben der Studienleiter eine eingeschränkte Motilität, eine verlangsamte Darmpassage der Nahrung bei der MS sowie Nebenwirkungen der Medikamente sein. Die Obstipation beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen zum Teil enorm, die Beschwerden werden aber häufig aus Scham beim Arzt nicht angesprochen. Werden die Betroffenen oder auch ihre Angehörigen gut aufgeklärt und zur Bauchmassage angeleitet, kann diese helfen, die Stuhlprobleme zu lindern.

    Quelle: McClurg D et al. Abdominal massage in the self-management of constipation in people with multiple sclerosis. Mult Scler J 2017; 23(S3): P360, präsentiert bei der ECTRIMS, 25.–28. Oktober 2017, Paris, France. Verfügbar unter: https://onlinelibrary.ectrims- congress.eu/ectrims/2017/ACTRIMS-ECTRIMS2017/200015/doreen.mcclurg.abdominal.massage.in.the.self- management.of.constipation.in.html?f=media=1, letzter Zugriff: 24.01.2020

    Ein Zusammenhang zwischen der Darmflora und dem Auftreten einer Multiplen Sklerose wird bereits länger diskutiert. Aktuelle Ergebnisse einer Forschergruppe um Professor Dr. Reinhard Hohlfeld und Professor Dr. Hartmut Wekerle aus München1 scheinen die Hypothese nun zu bestätigen.

    Die Wissenschaftler haben zunächst genveränderte Mäuse mit einem hohen Anteil an autoreaktiven Zellen erzeugt. Solche Zellen sind beim Menschen maßgeblich an der Entwicklung einer MS beteiligt. Was ihre Aktivierung und damit die Entwicklung der MS begünstigt, ist noch unklar.

    Licht ins Dunkel scheinen nunmehr die Mausversuche zu bringen. Denn werden die genveränderten Mäuse keimfrei aufgezogen, bleiben sie gesund. Wird jedoch der Darm der keimfrei aufgewachsenen Tiere mit Fäkalproben gesunder Mäuse „behandelt“, entwickeln die Tiere eine Krankheit, die der schubförmigen MS ähnlich ist. Wird den Tieren allerdings eine Mischung kultivierter Laborbakterien verabreicht, bleiben sie ebenfalls gesund.1 Für Professor Hohlfeld sind die Befunde ein Hinweis dafür, dass Faktoren aus der normalen Darmflora zumindest im Tiermodell dazu beitragen, eine MS hervorzurufen.

    Quelle:
    1. Hohlfeld R und Wekerle H. Multiple Sklerose und Mikrobiota. Der Nervenarzt 2015; 86(8): 925–33

    Den vor allem im Fisch enthaltenen mehrfach ungesättigten Fettsäuren (polyunsaturated fatty acids, PUFA) werden antientzündliche und immunmodulierende Eigenschaften nachgesagt. Es liegt daher nahe, den Zusammenhang mit chronisch entzündlichen Erkrankungen wie der MS zu untersuchen.

    Beobachtungsstudien zufolge erkranken Menschen, die in Küstennähe leben und reichlich Fisch verzehren, seltener an MS als Personen im Landesinneren. Bisherige Studien lieferten jedoch kein einheitliches Ergebnis in puncto Fischfett.1 Das Team um die norwegische Forscherin Dr. Kjetil Bjørnevik von der Universität in Bergen hat sich der Frage angenommen und die Daten der großen Nurses‘ Health-Studie, in der alle zwei bis vier Jahre die Ernährungsgewohnheiten und der Gesundheitszustand von mehr als 170.000 Frauen erfasst wurden, genauer analysiert.

    Es zeigte sich, dass Frauen mit MS weniger PUFAs mit der Nahrung aufnahmen als Frauen ohne MS. Ein eindeutiger Zusammenhang war jedoch nur bei den pflanzlichen Fettsäuren zu sichern.2

    Quellen:
    1. Haghikia et al. Dietary Fatty Acids Directly Impact Central Nervous System Autoimmunity via the Small Intestine. Immunity 2015; 43(4): 817–29
    2. Bjørnevik K et al. Polyunsaturated fatty acids and the risk of multiple sclerosis. ECTRIMS 2015 Online Library. 116668; 1054. Verfügbar unter: https://onlinelibrary.ectrims- congress.eu/ectrims/2015/31st/116668/kjetil.bjrnevik.polyunsaturated.fatty.acids.and.the.risk.of.multiple.sclerosis.html?f=listing%3D 0%2Abrowseby%3D8%2Asortby%3D2%2Asearch%3DPolyunsaturated+fatty+acids+and+the+risk+of+multiple+sclerosis (letzter Zugriff: 13.12.2019)

    Eine erhöhte Zahl von Immunzellen im Nervenwasser (Liquor) gilt als diagnostisches Indiz für die MS.1 Wie die Immunzellen in den Liquor gelangen, welche Funktion sie dort haben und wie sie mit dem Nervengewebe kommunizieren, ist bislang nicht geklärt. Wissenschaftler des Instituts für Neuroimmunologie und des Instituts für Multiple Sklerose Forschung (IMSF) der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben jetzt neue Erkenntnisse über die Immunfunktion des Nervenwassers gewonnen.

    Mittels Echtzeitmikroskopie konnten die Forscher im Mausmodell die Bewegung von Immunzellen filmen. Sie entdeckten dabei, dass Immunzellen zwischen dem Nervenwasser und dem Gehirngewebe hin und her pendeln. Als Schaltstelle wirken die weichen Hirnhäute, die das Gehirngewebe umgeben. Sie entscheiden praktisch darüber, ob Zellen aus dem Liquor ins Hirngewebe übertreten dürfen oder nicht. Der Liquor stellt somit für Zellen eine Art „Grenzkontrolle“ dar und trägt so mit dazu bei, dass potenziell gefährliche Zellen vom empfindlichen Nervengewebe ferngehalten werden. Die Forscher hoffen, aufgrund dieser Befunde neue Impulse für diagnostische und therapeutische Fortschritte bei der MS zu erhalten.1

    Quelle:
    1. Schläger C et al. Effector T-cell trafficking between the leptomeninges and the cerebrospinal fluid. Nature 2016; 530(7590): 349–53

    Männer mit Multipler Sklerose entwickeln häufiger Depressionen als gesunde Männer. Das haben kanadische Wissenschaftler anhand der Daten von rund 44.000 MS Patienten und 220.000 Kontrollpersonen ohne MS belegt. Die Untersuchung belegt, dass Menschen mit MS – Männer wie Frauen – ein gegenüber der Gesamtbevölkerung erhöhtes Depressionsrisiko aufweisen. Bei Männern mit MS ist der Erhebung zufolge das Risiko, Depressionen zu entwickeln, allerdings deutlich ausgeprägter als bei Frauen.1

    Quelle:
    1. Marrie RA et al. Sex differences in comorbidity at diagnosis of multiple sclerosis. Neurology 2016; 86(14): 1279–86

    Menschen mit Multipler Sklerose, die regelmäßig Yoga praktizieren, können dadurch nicht nur Stress abbauen, sondern auch Schmerzen lindern. Sie entwickeln außerdem weniger Ängste und klagen weniger über eine Fatigue.

    Das hat eine Studie an 60 MS Patienten ergeben, von denen die Hälfte an drei 60- bis 70-minütigen geleiteten Hatha-Yoga-Sitzungen pro Woche teilnahm. Gegenüber der Kontrollgruppe ohne Yoga- Übungen zeigten diese Personen die genannten positiven Effekte und gaben zudem auf Befragen auch eine deutlich verbesserte Lebensqualität an.1

    Quelle:
    1. Hasanpour-Dehkordi A et al. Effects of Yoga on Physiological Indices, Anxiety and Social Functioning in Multiple Sclerosis Patients: A Randomized Trial. J Clin Diagn Res 2016; 10(6): VC01–VC05

    Rund 17 Jahre nach der Erstdiagnose sind nahezu 90 Prozent der Menschen mit Multipler Sklerose noch ohne Hilfe gehfähig. Das hat eine Studie des Forscherteams um Professor Dr. Stephen L. Hauser von der Universität von Kalifornien in San Francisco ergeben.

    Um zu eruieren, inwieweit die derzeitige Standard-Behandlung auf lange Sicht dem Auftreten von Behinderungen entgegenwirkt, haben die Wissenschaftler die Daten von 517 Patienten mit Multipler Sklerose ausgewertet, die über viele Jahre in dem Zentrum in San Francisco in Behandlung waren. Die Studienteilnehmer wurden bis zu zehn Jahre lang begleitet. Außerdem wurde rückblickend die Entwicklung von Behinderungen seit der Diagnosestellung erfasst. Dafür wurde die Standardskala EDSS (Expanded Disability Status Scale) genutzt, mit der systematisch Behinderungen erfasst werden.

    Es zeigte sich, dass der EDSS-Wert bei 41 Prozent der Studienteilnehmer stabil blieb. Einen EDSS-Wert von 6 und mehr, was gleichbedeutend mit der Notwendigkeit von Gehhilfen oder eines Rollstuhls ist, erreichten lediglich 10,7 Prozent der Patienten. Die Entwicklung von Behinderungen war damit geringer als erwartet, wie die Forscher betonen. Denn in früheren Studien waren ihren Angaben zufolge vergleichbar schwere Behinderungen über einen solch langen Zeitraum bei etwa 50 Prozent der Patienten aufgetreten.1

    Quelle:
    1. Cree BC et al. Long‐term evolution of multiple sclerosis disability in the treatment era. Ann Neurol 2016; 80(4): 499–510

    Viele Menschen sind davon überzeugt, dass die Mondphasen ihren Schlaf beeinflussen. So leiden angeblich viele Menschen bei Vollmond unter Schlafstörungen. Im Gegensatz zu früheren Studien konnten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München dies nicht bestätigen.

    Sie stellten bei ihren Recherchen zudem fest, dass die vorhandenen Studien zum Teil widersprüchliche Ergebnisse haben: In manchen Studien schienen sich die Mondphasen besonders auf Frauen auszuwirken, in anderen wiederum vor allem auf Männer.

    Die Münchener Forscher analysierten bereits vorhandene Datensätze von mehr als 2.000 Nächten bei 1.265 Probanden. „Wir konnten dabei die Ergebnisse früherer Studien nicht bestätigen“, berichtet der Neurowissenschaftler Martin Dresler. Im Rahmen ihrer Forschungen fand das Münchener Team allerdings weitere unveröffentlichte Analysen von mehr als 20.000 Schlafnächten, welche ebenfalls keinen Einfluss des Mondes feststellen konnten. Dadurch waren offensichtlich Studien mit positivem Befund zum Zusammenhang von Schlaf und Mondphasen bislang in der wissenschaftlichen Literatur überrepräsentiert.

    Quelle: Cordi M et al. Lunar cycle effects on sleep and the file drawer problem. Current Biology 2014; 24(12): PR549-R550

    Menschen mit MS haben oft das Gefühl, ihr Gedächtnis lasse nach. Solchen Phänomenen lässt sich aktiv entgegenwirken: Denn wer sich beim Lernen immer wieder ablenken lässt, riskiert, seine Erinnerung ans Gelernte zu „überschreiben“.

    Das berüchtigte Multitasking ist somit Gift für ein zuverlässiges Gedächtnis. Wer hingegen den Lernstoff wiederholt, speichert ihn leichter und zuverlässiger in seinem Langzeitgedächtnis ab.

    Zuverlaessige Gedaechnisspeicherung
    Durch MS gestoerte Gedaechnisspeicherung

    Grafik: Trifft ein Reiz wiederholt auf das Gedächtnis wird er gespeichert. Wird er hingegen von einem unabhängigen anderen Reiz überlagert, kann er verloren gehen.

     

    Warum das so ist, hat die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Martin Korte von der TU Braunschweig untersucht. Die Wissenschaftler haben an Gehirnen von Nagetieren zeigen können, dass die Informationsspeicherung im Gehirn in einer Art Wettbewerb funktioniert. Dabei konkurrieren Informationsreize um spezielle, die Speicherung im Langzeitgedächtnis fördernde Eiweißstoffe (Proteine). Wird eine Information aufgenommen und innerhalb einer gewissen Zeitspanne ein zweiter Reiz gesetzt, der mit der Erinnerung assoziiert ist, wird diese gestärkt. Ist der zweite Reiz jedoch unabhängig, kann er die Eiweißmoleküle der ersten Erinnerung „kapern“. Damit geht die erste Erinnerung verloren, die zweite wird jedoch erfolgreich abgespeichert.

    Der Wettbewerb der Erinnerungsreize um Proteine erklärt, warum Multitasking das Lernen stört. Denn durch gleichzeitiges Internet-Surfen, Fernsehen oder die Beschäftigung mit anderen Lernstoffen treten neue Reize in Konkurrenz zum Gelernten. Dann entscheidet mehr oder weniger der Zufall darüber, welche Information es tatsächlich ins Langzeitgedächtnis schafft.

    Quelle: Sajikumar S et al. Competition between recently potentiated synaptic inputs reveals a winner-take-all phase of synaptic tagging and capture. PNAS 2014; 111(33): 12217–21

    Aus Hautzellen erzeugte Nervenzellen langfristig stabil in das Gehirn von Mäusen zu integrieren, ist Wissenschaftlern der Universität Luxemburg gelungen. Sechs Monate nach der Implantation waren die Nervenzellen voll funktionsfähig in das Gehirn integriert.

    Die erfolgreiche, langfristig stabile Implantation der Nervenzellen nährt die Hoffnung, künftig neue Therapieformen entwickeln zu können, um zum Beispiel kranke Nervenzellen des Gehirns durch gesunde Nervenzellen zu ersetzen. Ihre Ergebnisse haben die Luxemburger Forscher um Professor Dr. Jens Schwamborn und Kathrin Hemmer in der Fachzeitschrift „Stem Cell Reports“ publiziert.

    „Therapieerfolge beim Menschen sind noch Zukunftsmusik, aber ich bin mir sicher, dass es eines Tages erfolgreiche Zellersatztherapien geben wird. Unsere Forschungsergebnisse sind ein weiterer Schritt in diese Richtung“, erläutert Stammzellforscher Professor Schwamborn die neuen Befunde.

    Quelle: Hemmer K et al. Induced neural stem cells achieve long-term survival and functional integration in the adult mouse brain. Stem Cell Reports 2014; 3(3): 423–31

    Spezielle weiße Blutzellen, die sogenannten T-Helferzellen, sind von entscheidender Bedeutung bei der Entwicklung einer Multiplen Sklerose. Wissenschaftler der Berliner Charité Universitätsmedizin haben jüngst im Tiermodell eine neue Klasse dieser T-Helferzellen beschrieben, die die Bildung von GM-CSF (Ganulozyten-Makrophagen-Kolonie stimulierender Faktor) anregt.

    Da der GM-CSF eine wichtige Rolle bei Entzündungsprozessen im Gehirn bei einer Multiplen Sklerose spielt, können die neuen Erkenntnisse der Arbeitsgruppe um Rebecca Noster und Christina E. Zielinski möglicherweise wie ein kleiner Mosaikstein den Weg zur Entwicklung neuer Behandlungsformen in der Zukunft ebnen.

    Quelle: Noster R et al. IL-17 and GM-CSF expression are antagonistically regulated by human T helper cells. Sci Transl Med 2014; 6(241): 241ra80