
Auch wenn Kerstin in der Wohnung die Strecken ohne Gehhilfe schafft: Draußen gehört der Rolli zu ihr wie eine Handtasche. Sie fährt so selbstbewusst mit uns durch die Straßen, als ob es das Selbstverständlichste der Welt wäre. Das war lange Zeit nicht so, erzählt sie mir später im Interview. Sie hat sich früher meist geschämt, wenn sie mit „diesem Ding“ raus musste.
Schritt für Schritt zu mehr Verantwortung
Im Laufe der zwei Drehtage erzählt Kerstin uns nicht nur, wie sie Stück für Stück Verantwortung für ihr Leben übernimmt, sondern zeigt uns auch aktiv, wie selbstständig sie zurechtkommt – und wie sehr sie das auch genießt. Diese Art der Eigenverantwortung gibt ihr ein Gefühl von Freiheit.
All das tut ihr sichtlich gut. Sie lacht und strahlt durchweg. Obwohl sie mir auch von all den schweren Zeiten erzählt, die sie durchgemacht hat. Für sie ist jedoch sonnenklar: Hätte sie all das nicht erleben müssen, wäre sie niemals so glücklich, wie sie es jetzt ist. Und diese Einstellung gibt ihr die Kraft, ihren Weg immer weiter und weiter fortzuführen.
Ein Leben mit neuen Augen
Am letzten Abend treffen wir ihre Freundin Petra in einem Restaurant zum Spieleabend. Sie hat ebenfalls MS und die beiden treffen sich regelmäßig – einfach, um Spaß zu haben. Die kindliche Freude und gute Laune der beiden springt sofort auf uns über.

Es ist ein Gefühl von Leichtigkeit, gepaart mit Sehnsucht nach noch mehr Tiefe im Leben, die uns aus dem Dreh entlässt und beseelt nach Hause fahren lässt. Kerstin liegt vor allem diese Botschaft am Herzen: Selbst nach 30 Jahren MS kannst du glücklich damit leben. Niemand braucht Angst vor dieser Krankheit zu haben.