3 Min. Lesezeit

30 Jahre MS und keiner sieht es mir an!

An apple a day...

Hi, ich bin Karin, 53 Jahre alt, verheiratet und habe aus erster Ehe drei erwachsene Kinder. 1988 bekam ich aufgrund mehrerer aufeinanderfolgender Schübe die Diagnose MS.

Daraufhin setzte ich mich mit Möglichkeiten auseinander, die der Krankheit entgegenwirken könnten. Ich hielt die MS bei mir für eine psychische Erscheinung, da ich neben persönlichen Problemen auch beruflich angespannt war. Deswegen setzte ich meine bereits angefangene Psychotherapie fort und beschäftigte mich mit Entspannungsmaßnahmen wie Autogenem Training und Feldenkrais. Nach dem dritten Schub, einer Sehnerventzündung, erhielt ich ein Medikament, das die Schübe reduzieren sollte, wenn ich es regelmäßig einnehme.

Ich folgte hoffnungsvoll der Empfehlung, aber die nächste Sehnerventzündung ließ nicht lange auf sich warten. Die Medikamente nahm ich nach wie vor ein, aber mein Gesundheitszustand verschlechterte sich drastisch. Ich hatte einen unerklärlichen Kopfdruck, mir war schwindelig, aber keiner fand heraus, woher das kam. Eine dreimonatige Odyssee der Therapien begann, die leider alle keine Verbesserung brachten. Zum Schluss konnte ich gar nicht mehr stehen und fürchtete das Schlimmste.

Da ich medizinisch ausgebildet bin, forschte ich selbst, woher die Symptomatik kommen könnte. Ich tippte kurzerhand auf einen zu niedrigen Blutdruck und konfrontierte meinen Arzt mit meiner Vermutung. Er bezweifelte das, stellte aber nach mehreren Untersuchungen fest, dass ich recht hatte. Da ich das Medikament in Verdacht hatte, wurde dies unverzüglich abgesetzt und der Blutdruck stabilisierte sich nach längerer Zeit.

Wie gerade erwähnt, habe ich eine medizinische Ausbildung, denn ich bin examinierte Diätassistentin.  In meiner Ausbildung lernte ich, dass eine Mischkost mit einem eher geringen Fleischanteil die optimale Ernährung für die meisten sei. Demzufolge lebte ich seit meinem Examen vorwiegend vegetarisch, vermisste nichts und war schubfrei – außer in der Zeit, in der ich mich von meinem ersten Mann trennte. Ich interessierte mich nach der Diagnosestellung ebenso für Außenseiterdiäten bei MS, die ich aufgrund meines Fachwissens aber nicht befürworten konnte. Allerdings habe ich mich schon oft gefragt, ob mein guter Gesundheitszustand mit meinem geringen Fleischkonsum zusammenhängen könnte.

Teller mit Essen

Seit einem Jahr beschäftige ich mich mit der veganen Ernährung, die in meiner Ausbildung sehr kritisch betrachtet wurde. Da ich einige Veganer kennengelernt habe und sich Schlagzeilen über Massentierhaltung sowie über die Verbindung zum Klimawandel in den Medien häufen, wollte ich mehr über den Veganismus wissen. Danach war ich ganz erstaunt und wollte das nicht mehr unterstützen, sodass ich unmittelbar danach versuchte, so vegan wie möglich zu leben, was gut funktionierte. Ich fühlte mich sehr wohl, hatte dieses Jahr keinen Heuschnupfen mehr und unsere Küche ist so vielfältig wie nie zuvor.

Multiple Sklerose Frühstück

Es macht schlichtweg eine Menge Spaß vegan zu kochen und für meine Gesundheit etwas zu tun sowie Tieren ihr Leben zu lassen – quasi drei Vorteile bzw. Fliegen mit einer Klappe zu schlagen?! Dennoch rate ich von veganer Ernährung zur Gewichtsreduktion ab, weil nach meiner persönlichen und beruflichen Erfahrung keine Reduktionsdiät langfristig hilft.

Es kann auch sein, dass evtl. manche veganen Produkte nicht vertragen werden. Deswegen ist ein Abbruch aber nicht notwendig, sondern es wäre zu prüfen, woran es liegt. Auch bei mir ist das so und darum lebe ich auch nur „as vegan as possible“. Vegan leben geht nicht von heute auf morgen, denn es ist ein längerer Prozess, aber ein Versuch lohnt sich allemal. Wenn ihr Lust habt, freue ich mich, wenn ihr es einfach mal ausprobiert.

Multiple Sklerose Gemüsemarkt

Wie wir wissen, gibt es unterschiedliche Ausprägungen der MS, und vielleicht habe ich auch nur eine Menge Glück mit dem Verlauf. Allerdings glaube ich, dass es sich immer lohnt, an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen, um alle Möglichkeiten auszuloten. Gestern erzählte mir eine alte Freundin, sie sei an Arthrose erkrankt und habe nicht mehr laufen können. Daraufhin machte sie sich auf den Weg, las über pflanzenbasierte Kost gegen Arthrose und probierte es aus, weil ihr nichts anderes mehr übrigblieb. Siehe da – sie ist seit längerer Zeit beschwerdefrei. Keineswegs lebt sie rein pflanzlich, aber sie schränkte den Konsum tierischer Produkte stark ein.

Sicherlich ist die Ernährung nicht der einzige Grund, weswegen es mir sehr gut geht, sondern ich betrachte auch die Bewegung und die seelische Ausgeglichenheit als wichtige Faktoren, um die MS in Schach zu halten.

Herzlichst und alles Gute

Karin

GZDE.MS.18.10.0814