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Wünsche ans Universum: Kiras Rituale zur Raunacht

Balancieren auf der Wippe der Gefühle

Trauer und Glück liegen bei der MS oft nah beieinander. Eine Balance zu schaffen, fällt da manchmal schwer. Habt ihr mal als Kind mit einem anderen versucht, eine Wippe in der Mitte zu halten? Sinnbildlich gesprochen ist das meine Vorstellung vom Leben, vor allem mit MS. Man möchte nicht die positiven Ereignisse, Momente und Gefühle überwiegen lassen, in dem Glauben, dass die Wippe schnell und schmerzhaft zu Wut, Trauer, Schmerz und Ängsten kippen kann. Balancieren zwischen beiden Gefühlswelten ist deshalb genauso schwer wie wichtig.

Diese Balance schaffen wir nicht alleine. Es braucht immer jemanden auf dem Sitz gegenüber, der sich mal sanfter, mal doller abstößt, und genauso das Ich, das mal mehr, mal weniger geben und nehmen kann.

Wie schaffen wir es, diese Balance zu halten?

Ich glaube, dafür gibt es kein Patentrezept. So individuell wie wir Menschen, so unterschiedlich unsere Wippen. Mehr für sich selbst machen kann einem vielleicht dabei helfen, den Blick neu auszurichten. Auch ein Dankbarkeitstagebuch kann ein Anfang sein. Für mich ist das berührendste und wichtigste Ritual eines Jahres der Gegensatz von „guten Vorsätzen“. Ich lasse los. Lasse Dinge ziehen. Richte meinen Fokus auf neue, ungewisse Ereignisse, begrüße sie offen und unvoreingenommen. Das mache ich gern mit Ritualen – zum Beispiel in den Raunächten am Ende des Jahres.

Meine Rituale in den Raunächten

Vielleicht hat der ein oder andere schon einmal davon gehört: Die Raunächte werden auch als die „zwölf heiligen Nächte“ bezeichnet. Sie liegen zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag (6. Januar).

Sie sind zutiefst mystisch und von uraltem Aberglauben beherrscht.

Entstanden sind sie in der vorchristlichen Zeit, vermutlich daraus, dass das Mondjahr nur 354 Tage hat, das Kalenderjahr aber 365. Die übrigen elf Tage und zwölf Nächte fallen „aus der Zeit“. Die Menschen glaubten, dass Dämonen und Geister diese stürmischen und kalten Winternächte für ihre bösen Mächte nutzen können. Damals waren Naturphänomene nicht wissenschaftlich erschlossen und die Dunkelheit nur schwer zu vertreiben.

Für viele ist die Zeit der Raunächte magisch und mit besonderen Wünschen verbunden.

Zwei Rituale möchte ich euch mit auf den Weg geben:

Ritual 1: 13 Wünsche der Raunächte

Dazu schreibt ihr 13 Wünsche für das kommende Jahr auf einzelne Zettel. Wichtig ist, diese Wünsche positiv, klar und in der Gegenwart zu formulieren, also „Ich bin dankbar“ und nicht „Ich will dankbarer sein“. Die Zettel werden zusammengefaltet und kommen in einen Behälter.

Dieses Ritual eignet sich übrigens auch total gut, um es mit Angehörigen zusammen zu vollziehen. Dann schreibt jede:r ganz individuell Wünsche auf.

Kiras Ritualutensilien und Wünsche ans Universum

Am Abend der ersten Raunacht nehmt ihr einen Zettel heraus – ohne ihn zu lesen – und verbrennt ihn in einer feuerfesten Schale auf der Terrasse, auf dem Balkon oder in der Küche.

Dadurch übergebt ihr den Wunsch sozusagen ans Universum. Am Ende der Raunächte bleibt ein Zettel übrig.

Für die Erfüllung dieses Wunsches seid ihr im kommenden Jahr selbst zuständig. Ihr lest den kleinen Zettel durch, dann verbrennt ihr ihn in der Gewissheit, euch diesem Wunsch anzunehmen.

Kira verbrennt ihre Wünsche ans Universum in einer Muschelschale

Ritual 2: Das Räucherritual

In Anlehnung an den früheren Glauben, böse Geister und angesammelte negative Energien müssten aus dem Haus vertrieben werden, werden heute noch Wohnungen beziehungsweise Häuser ausgeräuchert, um sie damit rituell zu reinigen. In den Raunächten wurden oftmals Stallungen und Höfe ausgeräuchert, um eine reiche Ernte zu garantieren, die Tiere zu segnen und sie von negativen Energien zu befreien.

Räuchern könnt ihr entweder auf einem Stövchen oder mit Sand und Kohle – wie es euch besser gefällt.

Es werden meist folgende Räucherkräuter verwendet:

Salbei – hat eine starke Reinigungskraft.
Kampfer – löscht alte Informationen im Haus.
Angelikawurzel – erhellt die Raumschwingung.
Weihrauch – bringt Segen, erhöht die Energie.
Wacholder – vertreibt negative Einflüsse.
Myrrhe – klärt, reinigt und schenkt Ruhe.
Thymian – reinigt und stärkt die Energie.
Styrax – spendet Wärme und Geborgenheit, öffnet für die Liebe.

Die Räucherware bekommt ihr offline in Esoterik- und spirituellen Läden sowie in speziellen Buchhandlungen und online in einer Menge toller Räuchershops (achtet unbedingt auf die Herkunft und Qualität der Ware!).

Euer Räucherritual geht so:

Formuliert eure Wünsche und Hoffnungen, während ihr räuchert. Widmet euch in den ersten sechs Nächten dem alten Jahr und in den anderen sechs Nächten dem neuen Jahr.

Ich weiß, wie schwer es sein kann, die Balance zu halten. Das Wissen, damit nicht allein zu sein, hilft mir. Vielleicht hilft es euch auch und ihr könnt das Jahr so ausklingen lassen, wie es sich für euch richtig anfühlt: Auf eurer Wippe, mit ein bisschen Schlagseite in Richtung Freude, Glück, Geborgenheit und dem Wissen, dass es immer irgendwie weitergeht.

Mit Menschen an euer Seite – und mit der Multiplen Sklerose.

Kira im mystischen Outfit

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