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Therapietreue bei MS: Dranbleiben lohnt sich

MS-Nurse Gülsüm bei der Arbeit

In meinem heutigen Beitrag möchte ich Euch erzählen, wie wichtig die Therapietreue (Adhärenz) in der MS-Therapie ist. Patienten zu unterstützen und zu motivieren, an ihrer Therapie dranzubleiben, gehört zu meinen Aufgaben als MS-Nurse.

Die Adhärenz betrifft nicht nur die medikamentöse Therapie der Patienten. Doch wir MS-Nurses sind häufig mit dem Monitoring der medikamentösen Therapie und den damit verbundenen Kontrollterminen beauftragt, z. B. auch darauf zu achten, ob der Patient regelmäßig zu seinen Laborkontrollen kommt. Dies ist auch ein Teil der Adhärenz.

Aufklärung und gute Information spielen hier meiner Meinung nach eine sehr große Rolle.

Schon beim ersten Gespräch mit dem Patienten ist dies ein Thema, das ich immer anspreche. Doch davor ist es für mich wichtig, dass die MS-Betroffenen verstehen, an welcher Erkrankung sie leiden und warum eine Therapie so wichtig ist. Daher frage ich zu Beginn meiner Gespräche immer nach, ob es noch offene Fragen bezüglich der MS-Erkrankung gibt. Erst wenn alle Fragen beantwortet sind und die Patienten ihre Erkrankung verstanden und akzeptiert haben, kann ich mit einer bestmöglichen Therapietreue rechnen.

Anschließend bespreche ich mit dem Patienten die von ihm und dem Arzt gewählte medikamentöse Behandlung. Hier ist ein guter Zeitpunkt, um an das Thema Adhärenz anzuknüpfen. Das A und O für eine wirksame Therapie ist die Einhaltung des Behandlungsplans. Dazu gehören die regelmäßige Einnahme der Medikation, Laborkontrollen und genauso auch das Thema Selbstfürsorge. 

Aus dem Gespräch höre ich meist raus, ob es ggf. zu Problemen mit der Medikamenteneinnahme kommen kann. Hier ist es möglich, dem Patienten verschiedene Hilfsmittel anzubieten. Mittlerweile gibt es viele Tools dafür, z. B. Apps oder Behandlungstagebücher, die bei der Therapie unterstützen. Auch wir als MS-Nurses und die Arztpraxis sind, wann immer es geht, für den Patienten da, z. B. wenn es zu Nebenwirkungen kommt, das Medikament nicht anschlägt oder sogar ein Wechsel notwendig ist. Dies sind kritische Momente, in denen ich versuche, mehr Zeit für den Patienten aufzubringen. 

Wir haben das große Glück, dass es aktuell für die Multiple Sklerose so viele Behandlungsmöglichkeiten gibt wie nie zuvor.

Es kann jedoch manchmal vorkommen, dass es etwas länger dauert, bis das richtige Medikament gefunden wird und sogar zwei oder drei Anläufe notwendig sind, bis die richtige und für den Patienten beste Therapie gefunden wird. In diesen Zeiten sind die Patienten häufig wenig motiviert oder sogar hoffnungslos. Für mich sind diese Empfindungen sehr gut nachzuvollziehen.

Man investiert so viel Energie und tut etwas gegen seine Erkrankung, trotzdem kommt es zu Rückschlägen. Viele Patienten, die mit Nebenwirkungen zu kämpfen haben, erzählen mir, dass das Leben vor der Behandlung einfacher war, sie sich gesünder gefühlt haben und deshalb mitunter über einen Therapieabbruch nachdenken.

Bei dem Gedanken "Therapieabbruch" ermutige ich meine Patienten häufig zu einem kurzen, aber oft doch sehr hilfreichen Fragenspiel:

  • Ein Papier wird oben mit „positiv" und „negativ" überschrieben.

  • Nun soll der Patient für sich die Frage beantworten, welche positiven und negativen Effekte ein Therapieabbruch JETZT auf sein Leben hätten. 
  • Die zweite Frage ist, was für Effekte ein jetziger Therapieabbruch nach fünf Jahren haben könnte.

Meistens werden JETZT viele positive Effekte aufgezählt, in fünf Jahren häufen sich jedoch die negativen Antworten. Es ist wichtig, dass alles niedergeschrieben wird. Dieser Zettel hilft vielen Patienten, im Zweifel durchzuhalten und sich daran zu erinnern, warum Therapietreue für sie wichtig ist. Unsere Arbeit macht nur einen kleinen Teil dieses Erfolges aus. Entscheidend ist die Therapiebereitschaft des MS-Betroffenen, wie viel Energie und Motivation in die Behandlung investiert wird. Auch wenn es in Zukunft zu Rückschlägen kommen sollte, ist es wichtig, den Kampf nicht aufzugeben.

Eure MS-Nurse Gülsüm

Gülsüms Pro-Contra-Liste bei Unsicherheit zur Therapie

MAT-DE-2105483-2.0-11/2023