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Hilfe durch Hilfsmittel bekommen – Torsten gibt Einblicke

Hilfe durch Hilfsmittel bekommen – Torsten gibt Einblicke

Hallo Freunde, heute möchte ich euch mal ein paar Infos über Hilfsmittel geben. Wie bekomme ich Hilfsmittel und woher? Ich beziehe mich natürlich nur auf mich und meine Erfahrungen!

Am Anfang meiner „MS-Karriere“ anno 1998 habe ich mir natürlich keine großen Gedanken über irgendwelche Hilfsmittel, Rechte oder Unterstützungen gemacht. Warum auch, mir ging es ja noch ganz gut. Da habe ich mich nur gefragt, warum – und warum ich? Nach einer gewissen Zeit wurde es aber schlimmer und ich brauchte das erste Hilfsmittel: einen Stock. Wie komme ich jetzt an so einen blöden Stock? Wer kann mir dabei helfen, diesen von der Krankenkasse zu bekommen?

Eigentlich erst mal ganz einfach: in erster Linie die Krankenkasse selbst natürlich! Ihr könnt sie einfach anrufen und eure Fragen stellen oder ihr schreibt eine Mail mit euren Fragen.

Aber was steht mir überhaupt zu? Da ich mittlerweile ein alter Hase und etwas erfahrener mit Hilfsmitteln bin, will ich euch einen Einblick geben, wie ich vorgehe und vorgegangen bin, wenn ich etwas benötigte.

Wie und wo kann ich Hilfsmittel beantragen?

Welche Hilfsmittel stehen dir zu?

Wenn ihr solche Dinge wie einen Stock, einen Rollator, ein Pflegebett oder einen Rollstuhl eurer Ansicht nach benötigt, dann gibt es die folgenden Tipps von mir:

    Ihr musst euch als Erstes eine begründete Verordnung für das Hilfsmittel von einem Arzt besorgen. Ihr solltet darauf achten, dass der Arzt die Verordnung möglichst präzise und genau ausstellt. Aus der Verordnung muss unbedingt die medizinische Notwendigkeit ersichtlich sein und die genaue Beschreibung, welches Hilfsmittel (ggf. mit Hilfsmittelnummer) ihr wofür brauchst. Darüber hinaus müssen die Diagnose und die Anzahl der beantragten Hilfsmittel enthalten sein. Bei einigen Hilfsmitteln müssen die Art der Herstellung und ggf. die Mengenanzahl wie Tage/Monate angegeben werden.

    Wenn ihr die Verordnung (das Rezept) habt, müsst ihr dieses bei der Krankenkasse einreichen und auf die Genehmigung warten. Die Entscheidung der Krankenkasse darf generell drei Wochen nicht übersteigen. Sollte die Krankenkasse ein spezielles Gutachten vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) für eure Verordnung benötigen, verlängert sich die Frist auf fünf Wochen (Stand: 01.01.21).

    Neben der Verordnung (dem Rezept) müsst ihr auch eventuell einen Kostenvoranschlag des Sanitätshauses bei eurer Krankenkasse einreichen, dass kann euch die Krankenkasse sagen. Es ist vielleicht hilfreich, ein extra Schreiben an die Krankenkasse zu formulieren und mitzuschicken, indem ihr eure persönliche Situation erklärt und begründet, warum ihr das Hilfsmittel benötigt (Einschränkungen). Das kann der Krankenkasse helfen, die Notwendigkeit eines bestimmten Hilfsmittels zu erkennen.

    Beim Bezahlen für Hilfsmittel kommen mehrere Kostenträger in Frage. Je nachdem für welchen Zweck ihr das Hilfsmittel benötigt, kann neben der Krankenkasse die Agentur für Arbeit, die Unfallversicherung, das Jugendamt, die Pflegekasse, die Rentenversicherung oder das Sozialamt für die Kosten zuständig sein. Das sollte euch aber erst mal nicht interessieren, weil normalerweise eure Krankenkasse entscheidet, wer für die Kosten aufkommen muss. Die Leistungsanbieter, also die Orthopädietechniker, Optiker, Sanitätshäuser, Apotheken oder sonstige Erbringer rechnen unter Vorlage des Rezepts und des Kostenvoranschlags mit der Krankenkasse ab und die regelt den Rest normalerweise.

    Sobald ihr den positiven Bescheid von eurer Krankenkasse habt, sagt ihr eurem Sanitätshaus das und dann kann das Hilfsmittel bestellt werden.

    Wichtig ist, dass die Krankenkasse erst entscheiden muss, ob sie das Hilfsmittel überhaupt gewährt und die Kosten von jemandem übernommen werden. Ihr solltet die Entscheidung der Krankenkasse UNBEDINGT abwarten! Macht ihr das nicht, könnt ihr Pech haben und müsst den ganzen Kram selber bezahlen!

    ;-)

Ich persönlich habe jetzt bei den meisten Sachen nicht so lange gebraucht, um mich zu informieren, was mir zusteht und wo ich vielleicht Probleme bekommen könnte. Das Internet ist quasi eine riesige Auskunft. Es dauert manchmal vielleicht länger als eine Stunde, etwas zu finden, aber die Rechte, die ihr habt und die Möglichkeiten stehen da drin. Okay … bei manchen Dingen von mir hat es doch manchmal auch einige Zeit gedauert, bis ich die Antworten auf meine Fragen hatte, die mir die Krankenkasse nicht beantworten konnte oder wollte ... also bleibt dran :)

Es gibt im Internet viele Seiten, auf denen man sich schlaumachen kann und die euch Infos geben. Sich im Vorfeld schlauzumachen, kann euch oft helfen.

Zum Beispiel:

Auf dieser Seite steht zum Beispiel, ob das Hilfsmittel, das ihr euch wünscht, eine Nummer hat oder nicht. Die Krankenkassen (oder andere Kostenträger) übernehmen meistens nur Leistungen mit einer Hilfsmittelnummer.

Vor der Beantragung solltet ihr euch im Klaren sein: Braucht ihr das wirklich?

Warum schreibe ich das? Ganz einfach, es gibt da den MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung). Der wiederum prüft in vielen Fällen, ob euch das Hilfsmittel wirklich zusteht oder es euch tatsächlich hilft. Meiner Meinung nach hilft er oft erst mal den Krankenkassen, um Geld zu sparen und hat nicht mehr viel mit dem Wohl der Versicherten zu tun …

Mein Tipp am Rande, wenn Ihr ein Hilfsmittel beantragt und es vom MDK abgelehnt wird: Dann solltet ihr auf jeden Fall Widerspruch einlegen, egal was der MDK für einen Grund für die Ablehnung angibt! Aus meiner Erfahrung rechnet der Dienst damit, dass viele Patienten keinen Widerspruch/Einspruch einlegen und das macht sich am Ende des Jahres für die Krankenkasse richtig bezahlt. Deshalb unbedingt einen Widerspruch/Einspruch schreiben. Oft wird dem dann stattgegeben.

Wenn das nichts hilft, hättet ihr dann natürlich auch noch den Klageweg. Der ist natürlich nicht so einfach und bringt viel Stress mit sich. Ich habe das einmal mit Erfolg gemacht, es hat anderthalb Jahre gedauert, aber es hat sich gelohnt.

So, und wie sieht das jetzt bei mir konkret aus:

Ein paar meiner Hilfsmittel und Tipps aus der Praxis

• Stromgeld bei der Krankenkasse beantragen!

Was noch nicht jeder weiß: Man kann Stromgeld für Hilfsmittel bei der Krankenkasse beantragen! Wenn ihr elektrische Hilfsmittel hat, könnt ihr bei eurer Krankenkasse die Kosten der Stromversorgung des Gerätes beantragen. Einige Krankenkassen gleichen das mit einem Pauschalbetrag aus und andere wollen wirklich, dass ihr den Hilfsmittelstromverbrauch genau angebt.

Wie macht ihr das mit dem genauen Verbrauch?
Das ist natürlich mit ein bisschen Arbeit und eventuell mit Kosten verbunden. Man kann sich zum Beispiel bei seinem Stromversorger (z. B. Stadtwerke) einen Verbrauchsmesser leihen. Das kostet in der Regel nur ein paar Euro. Mit solch einem Gerät könnt ihr dann genau feststellen, wie viel eure Hilfsmittel im Monat verbraucht. Diesen Wert könnt ihr eurer Krankenkasse mitteilen und bekommt dann normalerweise die Kosten erstattet.

Ich habe zum Beispiel zwei elektrisch betriebene Rollstühle, ein elektrisches Pflegebett und ein Motomed für die Bewegung meiner Beine. Bei mir zahlt die Krankenkasse einen Pauschalbetrag je Gerät. Ein Pauschalbetrag ist in den meisten Fällen extrem höher als eine genaue Abrechnung des wirklichen Verbrauchs.

• Stehrollstuhl: Ich will haben, ich will, ich will …!

Ich habe gerade einen Stehrollstuhl beantragt! Alle meine Ärzte und Therapeuten finden das gut und absolut wichtig, aus diversen Gründen. Jetzt ratet mal, wer das nicht so gut findet und für notwendig ansieht. Richtig, der MDK, der meint, dass ich auch mal eben am Tag eine Stunde stehen könnte, weil ich ja einen Rollator habe zur Durchblutung meines Körpers, und das reichen würde. Da ich aber seit Jahren nichts mehr mit dem Rollator am Hut habe, weil das mit dem Laufen nicht mehr so klappt, wird nicht berücksichtigt. Genau mein Humor!

Ich denke, dass das noch ein Kampf werden kann, sprich Gerichte und so. Na gut, so ein Teil kostet zwischen 10.000 und 25.000 Euro, das ist nicht billig. Aber was würde die Krankenkasse ein Leben mit ständiger Physiotherapie kosten oder ab und zu mal einer OP zwecks Venen wieder freimachen nur wegen der Durchblutung? Ich bin noch nicht so alt, ich bin eigentlich noch recht munter, das zählt anscheinend nicht. Ich werde auf jeden Fall nicht aufgeben und notfalls bis zur letzten Instanz klagen. Dranbleiben lohnt sich manchmal, meine Erfahrung. 

• Ich mag Haushaltshilfen!

Ich habe eine Haushaltshilfe von einem Pflegedienst, die mir hilft, meinen Haushalt zu bewältigen. Je nachdem, wie eingeschränkt ihr seid oder wie hoch euer Pflegegrad ist, könnt ihr bei eurer Pflegekasse so eine liebe Hilfe bei der Pflegekasse beantragen.

• Ihr habt einen Pflegegrad?>>Verhinderungspflege

Wenn Ihr einen Pflegegrad habt, könnt ihr mehrmals im Jahr eine „Verhinderungspflege“ beantragen, also eine Ersatzkraft für die eigentliche Pflegeperson. Dabei kommt es aber darauf an, welchen Grad ihr habt und ob ihr stundenweise oder länger am Stück (mehr als acht Stunden) betreut werdet. Es geht bei Grad 1 los und endet bei Grad 5.

Ich selber habe den Grad 3 ohne Zusatz. Ich beantrage regelmäßig die Verhinderungspflege, immer dann, wenn meine eigentliche Pflegekraft Urlaub hat oder anderweitig verhindert ist und mir in der Zeit nicht helfen kann. Ich habe dann eine Ersatzkraft, die mich unterstützt. Solltet ihr den Betrag der jährlichen Verhinderungspflege aufgebraucht haben (was nicht selten ist), gibt es eine Möglichkeit, den Betrag zu erhöhen. Das nennt sich dann „Kurzzeitpflege“ oder auch „Ersatzpflege“!

Das alles kommt natürlich nur bei Personen mit entsprechenden Einschränkungen ohne Betreuung vor. Ich habe mich für ein selbstständiges Leben entschieden und finde: Jeder sollte die Macht haben, mitzureden und Entscheidungen zu treffen, wie er lebt und wann er welche Hilfe in Anspruch nimmt! Dazu gehören auch Pflege- und Haushaltshilfen.

Und am Schluss noch live und in Farbe:

So meine Lieben, das war ein kleiner Einblick, wie ich das mit den Hilfsmitteln und anderen Dingen bewerkstellige. Ihr habt noch das Internet und Vereine wie den VDK oder die DMSG, wo man sich wunderbar zusätzlich erkundigen kann. Wenn Ihr Fragen habt zur MS, dann könnt Ihr auch richtig viele Infos auf den MS-Begleiter-Kanälen finden! Ich hoffe, dass ich Euch ein bisschen Input geben konnte!

Euer Torsten

MAT-DE-2100979 v1.0 (03/2021)