
Endzeitstimmung … Die Wände stürzten gefühlt auf mich ein, meine Welt brach zusammen, ich war kurz davor aufzugeben, verkroch mich in meiner Haut. Keine Medizin der Welt war stark genug. Alle Vorstellungen, Pläne und Wünsche für dein weiteres Leben fallen wie ein Kartenhaus in sich zusammen und das von jetzt auf gleich. Ein Schock, diese Diagnose und was man bis dato davon wusste; vor allem die Ängste dahinter, alles zu verlieren: das eigene Leben in Form von Qualität, Erfüllung und die eigene Selbstständigkeit, den Partner des Lebens. Immer wieder hat mein Innerstes um Hilfe geschrieen, dass mir jemand helfen soll.
Dieses Gefühl zog sich wie ein roter Faden durch die folgenden Monate: Alle möglichen Therapien wurden gestartet und wieder gewechselt. Durch zwei aufeinanderfolgende Schübe in jenem Jahr war mein rechtes Bein so stark betroffen, dass ich einen Gehstock brauchte und kurz vor dem Rollator war. Alles über 20 Meter ging nicht mehr. Mangelhafte Bewegung, Fatigue und schlechte Ernährung machten das Ganze auch nicht besser. Woher auch den Antrieb nehmen? Letztendlich sah ich dann im November 2017 aus wie ein bekanntes dickes sowie weißes Männchen auf Droge.
Eine neue Hoffnung? It isn‘t in my blood!
Eine erste positive Veränderung in meinem Leben war die Entscheidung, die Therapien anderweitig zu gestalten oder abzusetzen. Dadurch verlor ich meine ersten Pfunde, wodurch sich ein paar erste gute Gefühle bei mir einschlichen. Der Lichtblick in meinem bis dato 32-jährigen Leben war meine Hochzeit. Meinem Mann habe ich zu verdanken, dass ich trotz allen Schwierigkeiten nicht aufgegeben habe und wir uns zusammen durchgebissen haben. Für mich war es der Beweis trotz kleinerer Krisen, dass der Liebe und Freundschaft nichts im Wege stehen kann – vor allem nicht die MS.
Die ersten „Erfolge“ stellten sich ein, obwohl es für mich notwendige Kämpfe waren: Die Schwerbehinderung und die Erwerbsminderungsrente wurden anerkannt. Ein Grund zum Aufatmen und die Bestätigung dafür, dass sich das Kämpfen lohnt und Aufgeben niemals eine Option ist. Die Entscheidung zu kämpfen war die beste Entscheidung meines Lebens.
Die Kehrtwende: Genesis, mein neues „Ich“
Zwar habe ich auch heute noch viele Symptome und Folgeerscheinungen durch meine Nemesis, die mich tagtäglich daran erinnert, krank zu sein. Dennoch habe ich einiges für mich erkannt:
- Die MS ist ein Teil von dir, ob du das willst oder nicht. Also akzeptiere sie.
- Wenn du etwas erreichen willst, kämpfe darum und lass dich von niemanden aufhalten.
- Aufgeben ist keine Option, das liegt nicht in deinem Blut.
- Genieße dein Leben und höre niemals auf, Pläne zu schmieden.

Mein Ausblick auf die Zukunft? Nach vorne!
Mittlerweile bin ich körperlich sowie äußerlich an einer Stelle angekommen, an der ich Stolz empfinde. Von einem sich selbst so empfundenen, über 110 kg schwerem „Monstrum“ zu einem Mann, der knapp unter 70 kg wiegt. Eine Transformation, mit der ich vor fast vier Jahren niemals gerechnet hätte.
Der neue Christian geht sogar noch einen Schritt weiter: Ich gehe den harten und beschwerlichen Schritt in Richtung „beach body“. Es ist bereits für einen gesunden Menschen eine harte Bewährungsprobe und erfordert viel Disziplin sowie Arbeit, so weit zu kommen. Nicht umsonst sieht nicht jeder Mensch so aus. Für einen chronisch Kranken liegt die Latte nochmal deutlich höher. Gerade deswegen will ich es schaffen, um es mir, aber vor allem anderen zu zeigen, dass man seine Träume verwirklichen kann. Egal wie schwer es auch sein mag!
Kein Problem! Diese Hürde werde ich auch meistern, denn ich habe gerade erst begonnen …
Euer Christian
