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Mobilität mit MS – Freiheit auf Rädern

Torsten im Rolli mit Vorspannrad

Für die meisten Menschen ist Mobilität mit das Selbstverständlichste der Welt. Es gibt aber einige, für die ist es weit ab von der Normalität. Vielen ist leider nicht bewusst, wie wertvoll Mobilität ist. Dabei ist es egal, wie man in eine Situation gelangt, in der man nicht mehr „mal eben losziehen kann“, um schnell zum Bäcker zu gehen oder andere Dinge zu erledigen. Oder sogar seinen Job verliert, weil man wegen einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr mobil ist.

Mein Anfang mit den Mobilitätshilfen

Meine Geschichte zum Thema „Mobilität mit MS“ war für die damalige Zeit recht typisch. Ich habe ja meine Multiple Sklerose schon seit 1998 (bald feiere ich 25-Jähriges). Damals gab es noch nicht so viele gute Medikamente wie heute und ich habe das Gefühl, dass mittlerweile zum Glück immer weniger irgendwann im Rolli landen. Das ist auch gut so!

Meine erste Mobilitätshilfe war ein Stock. Das ist nun ca. 22 Jahre her. Es war schon ein komisches Gefühl, mit 28 Jahren mit einem Gehstock durch die Gegend zu laufen. Es war aber immer noch besser, als morgens um 10 Uhr schon mit torkelndem Schritt wie besoffen unterwegs zu sein. Als nächstes folgte ein Rollator, weil das mit dem Schwindel und der Spastik nicht so cool war und ich immer unsicherer ging (obwohl ich durch die Spastik der Held auf jeder Tanzfläche war :D).

Seit dem Jahr 2003 war ich mehr oder weniger auf einen Rollstuhl angewiesen. Auslöser war der Tod meiner Mama, der mich komplett aus der Bahn geworfen hat, weshalb auch die MS mächtig am Zicken war. Ich hatte damals eine sehr gute Krankenkasse, die haben mir sofort einen Rolli mit e-motion Antrieb verpasst. Davon war ich auch echt sehr begeistert, weil meine Kraft in den Armen nicht mehr gegeben war. Durch den e-motion Rollstuhl konnte ich endlich mal wieder vor die Tür und Sachen machen, die ich seit dem Tod meiner Mama nicht mehr gekonnt hatte, zum Beispiel mit Freunden etwas unternehmen.

Torsten im e-motion Rolli mit Staubsauger in der Hand

Mein Langstrecken-Rolli

Der Bolide (aka mein Rennwagen), wie ich meinen elektrischen Rollstuhl liebevoll nenne, ist mit zwei großen Akkus ausgestattet, sodass ich echt weit damit komme. Ich habe ihn von meiner damaligen Krankenkasse zusätzlich für längere Strecken bekommen. Den habe ich immer noch, obwohl ich, wie ich gehört habe, theoretisch alle fünf Jahre Anspruch auf ein neues Gefährt habe. Ob das stimmt, weiß ich nicht, ist mir aber auch egal, weil ich meinen Großen total liebhabe und bis jetzt keinen neuen Rolli haben wollte.

Ich nutze meinen elektrischen Rollstuhl jeden Tag, zum Beispiel fürs shoppen oder andere nette Dinge. Mit dem Rolli kann ich bei fast jedem Wetter fahren, was ich natürlich auch mache. Mit das Coolste, was ich mit meinem Boliden erlebt habe, war, auf unserer Kirmes beim Autoscooter meine Runden zu drehen.

Torsten im E-Roller auf der Autoscooter-Fahrfläche

Meine kleinen Sportlichen

Um etwas mehr für meine Kraft zu tun, wollte ich einen kleinen sportlichen Rolli, den mir meine damalige Krankenkasse erst mal nicht geben wollte. Deshalb habe ich mir selber einen bei einer bekannten Internetplattform ersteigert.

Das Teil habe ich komplett auseinandergenommen und restauriert. Am Anfang war es echt schwer, damit unterwegs zu sein, wegen der noch fehlenden Kraft, aber es wurde immer besser und jetzt komme ich richtig gut klar. Ich bin damals öfters einfach mal mit dem Zug in irgendeine Stadt gefahren und hab die unsicher gemacht. Den Rolli auf dem linken Foto habe ich jetzt nur noch als Ersatzstuhl, da mir meine Krankenkasse endlich einen leichten neuen bewilligt hat.

Torsten im Sport-Rolli am Wasser

Neues Fahrgefühl: mit Vorspannrad über Stock und Stein

Ich habe von vielen Soestern für meinen neuen Rolli ein Vorspannrad gespendet bekommen! Mit diesem Gerät ist es jetzt ein Leichtes für mich, über Stock und Stein zu fahren. Es ist ein ganz neues und tolles Fahrgefühl mit diesem Teil. Ich benötige zum Beispiel keine großartige Hilfe mehr, wenn ich über eine Wiese oder sonstige Unebenheiten fahren möchte. Über unser Kopfsteinpflaster komme ich jetzt ohne Probleme, quasi wie mit meinem elektrischen Rolli, nur in schnell. Dieses Anbaurad ist für mich Gold wert. Danke an alle Soester Spender!!!

Torsten im Rolli mit Vorspannrad

Jetzt zum coolsten Teil für meine Mobilität: mein Auto

Seit ein paar Jahren fahre ich wieder Auto. Das Autofahren ist Freiheit für mich. Ich packe meinen kleinen Rolli in den Kofferraum und starte den „Red Flash“. Red ist ein umgebauter Passat den ich mit meinen Händen bedienen kann. Dieses Gefühl, einfach loszufahren, ist toll, einfach auf die Straße und schwupp bist du in einer anderen Stadt oder was weiß ich wo. Mobilität ist für mich ein sehr starkes Lebensgefühl, das für meine Seele sehr wichtig ist.

Torsten in seinem roten Auto

Rollstuhlfahren ist per se keine Freiheitsberaubung

Es bedeutet oft nicht, wenn man im Rolli sitzt, dass man dann nur zu Hause rumtüddelt und nichts mehr unternehmen kann. Natürlich gibt es auch einige MSler, die nicht mehr in der Lage sind, mobil zu sein, weil man es wegen der Krankheit nicht mehr schafft. In solch einem Fall wäre es toll, wenn man einige Freunde hätte, die einem den Alltag so schön machen würden, wie es nur eben geht.

Ich bin echt so dankbar, dass ich bis jetzt mein Leben so leben kann, wie ich es tue. Mobilität ist für mich mit das Wichtigste und dank diverser Hilfsmittel, die es gibt, ist es auch gehandicapten Menschen möglich, fast normal am Leben teilzunehmen.

Ich wünsche Euch alles erdenklich Gute und hoffe, dass euch mein kleiner Einblick in meine mobile Welt gefallen hat. Solltet Ihr mal Rat brauchen, dann könnt Ihr euch an diverse Sanitätshäuser, den VdK oder an die MS-Community wenden. Man findet bestimmt eine Möglichkeit, zu helfen.

Ich bedanke mich für Euer Interesse an meinem Artikel!

Liebe Grüße
Euer Torsten

MAT-DE-2203292-1.0-08/2022