
Möglicherweise entzündungshemmend:
Omega-3-Fettsäuren
Auch der Unterschied von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren begegnete mir schon bei der Behandlung meiner Neurodermitis. Diese besonderen Fettsäuren sollen entzündungshemmende Botenstoffe bilden. Sie finden sich in fettreichem Seefisch wie Lachs, Hering, Makrele und als vegetarische Variante in Rapsöl, Leinöl und Walnussöl. Hier kommen auch die berühmten Fischöl- Kapseln ins Spiel. Mein Arzt sagte mir damals: „Eskimos kennen weder Schuppenflechte noch MS.“
Radikalfänger
Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft versendet in der Reihe „Selbsthilfe im Alltag“ kostenfrei Broschüren an MS-Erkrankte. Exemplar H-03 beschäftigt sich mit Ernährungsratschlägen bei Multipler Sklerose und ist von Dr. med. Dieter Pöhlau und Prof. Dr. med. Dietmar Seidel verfasst. Zum Thema Vitamine findet sich dort ein wichtiger Hinweis. Durch Entzündungen entstehen reaktive Stoffwechselprodukte, sogenannte freie Radikale. Diese verursachen in Zellen einen sogenannten „oxidativen Stress“. Freie Radikale werden im Körper normalerweise durch unterschiedliche „Radikalfänger“ neutralisiert. Gehirn und Rückenmark sind sehr anfällig, weil sich im Nervengewebe sehr wenig Radikalfänger befinden. Unsere Nahrung ist die einzige Quelle für Radikalfänger, auch „Antioxidantien“ genannt. Genannt werden in der Broschüre Vitamin C, D, E und das später hier noch genannte Carotin, eine Vorstufe des Vitamin A.
Vitamin D
Ohne auf einen spezifischen Zusammenhang zur MS einzugehen, zählt die Patienteninformation der Segeberger Kliniken mehrere Vitamine als entzündungshemmend auf, darunter als Erstes Vitamin D. Ratten können angeblich ihr eigenes Vitamin C produzieren, das können wir mit Vitamin D, aber nur unter Sonnenlicht. Deswegen gehe ich auch im Winter jeden Tag an die frische Luft. Vitamin D kommt ebenfalls in Fisch vor, den ich auch als „Halb“-Vegetarier jede Woche auf dem Speiseplan habe. Vitamin D ist derzeit Thema in vielen Gesundheitszeitungen. Ich habe meinen Vitaminspiegel daraufhin beim Neurologen messen lassen und er war tatsächlich weit unter dem Durchschnitt.
Vitamin E
Soll sich in pflanzlichen Ölen und Getreidekernen befinden. Hier allerdings warnt der Ratgeber vor Sonnenblumenöl und Maiskeimöl, diese sollen Omega-6-Fettsäuren enthalten, die eher wieder die gegensätzliche Wirkung entfalten sollen und entzündliche Botenstoffe entstehen lassen.
Vitamin A/Beta Carotin
Schon meine Großmutter hat mir beigebracht, dass rotes und oranges Gemüse nicht nur gut für Haut und Augen, sondern eben auch für die Nerven sein soll. Ich kenne viele Genossen und Genossinnen, die trinken jeden Morgen ein Glas Karottensaft. Bei mir ist es ein Glas Rote-Beete-Saft, nicht jedermanns Sache.

Vitamin B12
Schon auf der Packung im Drogeriemarkt wird Vitamin B12 mit den Nerven in Verbindung gebracht. Enthalten in Milchprodukten und Fleisch, möglichst aber ohne das in Milch enthaltene Fett – ideal finde ich da Magerquark.
Selen und Magnesium
Sind zwei Spurenelemente, deren Mangel einen Einfluss auf die Gesundheit des Nervensystems haben soll. Magnesium nehme ich zusätzlich zu mir, weil es eindeutig gegen Muskelanspannungen und Krämpfe hilft. Enthalten sind diese Vitalstoffe in Fisch, Vollkornprodukten und Nüssen.
Nahrungsergänzungsmittel
Den einzigen, für mich interessanten Hinweis für MS-Kranke zum Thema Nahrungsergänzungsmittel fand ich 2017 in einem Internetbeitrag von Prof. Dr. med. Mathias Mäurer. (www.ms-docblog.de/multiple-sklerose/propionat-und-die-rolle-des-darms) Er referiert dort in dem üblicherweise schwer verständlichen Ärzte-Deutsch über einen Stoff namens Propionat und die Rolle des Darms. Laut Mäurer ist in einer Max-Planck-Studie von 2011 mit vollständig keimfreien Mäusen nachgewiesen worden, dass eine Darmflora Bedingung für die Entstehung einer autoimmunen Entmarkung des Nervensystems ist. Weitere Studien sollen dann ergeben haben, dass weniger die Mikroorganismen selber, sondern ihre Stoffwechselprodukte Effekte auf die Darmflora und auch direkt auf Immunzellen haben. Die Aufnahme von faserreicher Kost (die berühmten Ballaststoffe) führt zur Produktion von kurzkettigen gesättigten Fettsäuren wie Acetat, Butyrat und Propionat. Es ist mir nicht möglich, die Kernaussage des Textes von Professor Mäurer zu übersetzen, daher zitiere ich hier: „Funktionelle Studien zeigen, dass die Zugabe von Propionat zu T-Zellen in Kultur die Frequenz regulatorischer T-Zellen erhöhte und gleichzeitig die Frequenz proinflammatorischer Zellen reduzierte. Ähnliche Beobachtungen fanden sich in vivo nach Gabe von Propionat im MS-Modell mit einem abgemilderten Verlauf und einer Reduktion von Entmarkung und Axonschäden.“
Propionat findet sich in Krustazeen, umgangssprachlich Schalentiere, und wurde bis in die 1990er Jahre in der Brotproduktion verwendet. Es ist also als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen und im Internet auch erhältlich. Oft wird es als Nahrungszusatz für Hauskatzen angeboten. Beweise für die Wirksamkeit gibt es derzeit noch keine, trotzdem wird das Mittel mittlerweile von vielen MS-Kranken eingenommen. Langfristig könnte es eine interessante Ergänzung zu bestehenden Therapien werden, wenn in Studien ein positiver Effekt auf die MS gezeigt werden kann.
Trinken
Erwähnen möchte ich kurz noch das Thema „Trinken“. Viele MS’ler haben Probleme mit der Blasenkontrolle und planen ihre Aufenthalte außerhalb der eigenen Wohnung sehr penibel, um jederzeit eine Toilette in der Nähe zu haben. Einige versuchen dem Problem zu entgehen, indem sie schlicht und einfach nicht oder zumindest zu wenig trinken. Mir wurde berichtet, das würde sich auf Dauer mit erhöhter Anfälligkeit für Harnwegsinfekte rächen. Ich selbst musste bei der Behandlung meiner Psoriasis lernen, dass ich viel zu wenig getrunken hatte. Die Haut bekommt nämlich erst dann ihre Flüssigkeit, wenn alle anderen Organe sich schon bedient haben. Da ist dann oft nicht mehr viel übrig.
Soweit mein derzeitiger Wissensstand. Wenn ich jemandem gefragt oder ungefragt eine Ernährungsempfehlung gebe, ruft diese in der Regel Stress und Trotz hervor.
Ich hör euch schon:
„Da kann ich mich ja gleich aufhängen!“
„Ich esse, was mir Spaß macht. Basta!“
„Wie soll ich das denn meinen Kindern erklären?“
Leute, es ist euer Körper, ihr habt euch diese Krankheit angelacht und niemand weiß, warum. Autoimmunkrankheit. Auto heißt selbst. Immunis heißt frei, unberührt. Dein Körper macht, was er will, auch wenn es dir nicht passt. Aber er kann es nur mit dem, was du ihm dafür zur Verfügung stellst.
Mach es ihm nicht zu leicht.