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Tierisch gute Freunde – Selina und ihr Pferd Noni

Selina mit Haflinger Noni

Manchmal wird man aus dem alltäglichen Leben gerissen und ist froh, wenn man jemanden an seiner Seite hat, der einem Kraft gibt. Es muss aber nicht immer ein Mensch sein. Manchmal ist es eben genau ein Tier, welches dir besonders viel Kraft und Hoffnung gibt. So ist es jedenfalls bei mir.

Mit 14 Jahren hat sich mein größter Traum erfüllt. Ein eigenes Pferd, mein tierischer Begleiter.

Als ich mein Pferd „Noni“ bekam, war es erst zwei Jahre alt und musste noch komplett ausgebildet werden. Es war nicht immer alles leicht, denn eigentlich hatte ich viel zu wenig Pferdeerfahrung, um ein junges Pferd selbst auszubilden. Ich konnte eigentlich noch nicht einmal reiten. Aber mein Ehrgeiz und meine Liebe waren so groß, dass ich mich schnell weiterbildete und all meine Zeit im Stall verbrachte, um zu lernen.

So hat er mich von meiner Jugend an in allen Lebenslagen begleitet. Wir sind zusammen groß geworden. Heute, zehn Jahre später, haben wir es geschafft. Wir sind ein unzertrennliches Team geworden, er ist in der Dressur ausgebildet, wir genießen schöne Ausritte im Gelände und haben unsere Passion in der Bodenarbeit und in Zirkuslektionen gefunden. Ich fand es schon immer spannend, meinem Pferd Tricks wie das Steigen beizubringen. Er zeigt immer so viel Freude dabei und das macht auch mich glücklich. Aber eben nach diesen zehn Jahren kam auch der Tag, an dem ich ihn besonders brauchte.

Taube Beine und eine Sehnerventzündung ließen mich ins Krankenhaus kommen. Volle vier Tage war ich von meinem Pferd getrennt und mir wurde die Diagnose MS gestellt. Es war ein absoluter Schock.

Unheilbar krank? Ich? Ich konnte es nicht glauben.

Es war aber nun endlich auch eine Erklärung, warum ich all die Jahre zuvor immer wieder taube Handflächen hatte und ständig müde und kaputt war. Als ich das Krankenhaus verlassen durfte, war mein erster Weg natürlich direkt in den Stall. In Begleitung meines wunderbaren Ehemanns haben wir dann einen schönen Ausritt gemacht, um den Kopf erst mal wieder freizukriegen.

Ich war einfach nur dankbar, in diesem Moment Freiheit spüren zu können. Durch den Schub waren meine Beine zu diesem Zeitpunkt schwach und das Laufen fühlte sich sehr unwirklich und fremd an. Auf dem Rücken meines Pferdes spürte ich dies nicht. Ich spürte nur seine vertrauten Schritte. Das beruhigte mich.

Er ist auch heute mein Ruhepol und wenn ich bei ihm bin, dann vergesse ich all meine Sorgen. Eine weitere Sorge ereilte mich nämlich schneller als gedacht. Ich hatte in dieser Zeit einen neuen Arbeitsplatz in einem Büro angenommen und befand mich in einer Probezeit. Da ich ein ehrlicher Mensch bin, auch ab der ersten Sekunde offen mit meiner Diagnose umgegangen bin und mich sowieso für die Zeit im Krankenhaus erklären musste, teilte ich dies auch meinem Arbeitgeber mit.
Meine Arbeit wurde zuvor besonders gelobt. In den letzten 10 Minuten meiner Probezeit, ich selbst hatte es gar nicht auf der Uhr, erhielt ich meine Kündigung mit den Worten: „Es tut uns leid, deine Arbeit ist zwar sehr gut, aber wir brauchen jemanden, der zuverlässig da sein kann und nicht wegen Krankheit ausfällt.“ Nun war ich also auch noch arbeitslos und ich erfuhr das erste Mal Ablehnung.

Mir wurde wirklich der Boden unter den Füßen weggerissen, aber mein Pferd hat mir immer einen festen Halt im Leben gegeben.

Trotz Jobverlust hatte ich ja eine Aufgabe. Ich musste ja auch für mein Pferd da sein. Mir blieb zum Glück keine Zeit, mich hängen zu lassen. In dieser für mich sehr schwierigen Zeit habe ich immer Momente gefunden, in denen ich lachen und mich freuen konnte. Ich denke, die Anwesenheit und Liebe meines Pferdes konnte mir mehr Kraft und Trost geben, als es Worte je getan hätten. Mein tierischer MS-Begleiter ist zusammen mit meinem Ehemann das Wichtigste in meinem Leben, da sie mir durch viele schwere Zeiten geholfen haben. Sie sind immer für mich da.

Besonders mein Pferd hat mir gezeigt, dass sich kämpfen lohnt.

Sonst wäre niemals ein so tolles Team aus uns geworden.

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