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Mütter sind Superheldinnen

Best Mama Tassen for Best Mom

Tikki, verwandle mich!
... ruft Ladybug aus den Lautsprechern des Fernsehgeräts und schwenkt ihr Miraculous und ich wünsche mir, ich hätte auch so ein Kwami, das mich in eine Superheldin verwandelt. Noch besser wäre es, das Kwami selbst zu sein, denn das ist unsterblich. Auch wenn ich die meiste Zeit des Tages in einem Medaillon wohnen müsste, wäre es manchmal sicher angenehmer, ein Camembert essendes Kwami zu sein als eine Frau mit zwei bleischweren Beinen. Als ich erfahre, dass auch Kwamis krank werden können, bin ich etwas enttäuscht. Dann doch lieber Wonder Woman. Sie ist stark und schnell und hat ein Zauberlasso.

Das Klingeln der Küchenuhr reißt mich aus den Gedanken und vom Fernseher weg. Eine warme Mahlzeit am Tag muss sein, wenn man Kinder hat. Auch wenn ich mich zum Herd schleife wie ein Verdurstender in der Wüste und unter der Hitze des aufsteigenden Wasserdampfs aus dem Topf mit den Nudeln stöhne. Hitze ist nie eine gute Idee. Doch Jammern ist keine Option. Eine Mutter muss kochen. Ich will meinen Töchtern mit gutem Beispiel vorangehen.

"Erziehung besteht aus zwei Dingen: Beispiel und Liebe"
sagte Friedrich Fröbel einst und ich hoffe, dass Letzteres hier wichtiger ist, denn langsam fällt es mir immer schwerer, mit guten Beispielen zu glänzen. Handgriffe, die für die meisten Menschen Routine sind, fühlen sich für mich an, als müsste ich 20 kg Marschgepäck mit mir herumschleppen. Ein Gang durch den Supermarkt ist so anstrengend wie die Besteigung des Mount Everest. Und ich weiß, wovon ich hier rede, denn vor vielen Jahren habe ich eine mehrtägige Trekking-Tour von Nepal aus absolviert. Damals wies mich mein Körper schon in die Schranken, ohne dass ich wusste wieso. Ich musste bei der Mittelstation aufgeben. Den Gipfel sah ich in der darauffolgenden Woche nur vom Flugzeug aus.

Damals war ich extrem sportlich unterwegs und lebte ein überaktives Leben. Natürlich hatte ich eine sehr genaue Vorstellung davon, wie ich als Mutter sein wollte: eine aktive, sportliche Frau, die mit ihren Kindern stundenlang über den Spielplatz tobt, auf dem Boden robbt, tagelange Wanderungen mit ihnen unternimmt, im Wasserpark über die höchsten Rutschen rutscht, alle Wege zu Fuß mit ihnen geht und sie dabei im Tragetuch mitnimmt und später an der Hand, nicht im Buggy. Natürlich kommen noch Fitnessstudio-Stunden dazu, um die Figur zu halten. Jeden Tag wird frisch gekocht und das Haus wird immer glänzen und selbst sieht man stets aus wie aus dem Ei gepellt. Eine starke Frau eben, wie Wonder Woman, und gleichzeitig eine liebevolle Mutter. Die Vorzeigefamilie aus der Margarinewerbung war mein Vorbild.

Das war der Plan …

Jennifer beim Straßenlauf

"My mom always said life was like a box of chocolates. You never know what you᾽re gonna get."

(Forrest Gump)

Das Leben hielt sich nur nicht an meine Pläne und Vorsätze. Anfangs sah es so aus. Ich heiratete und bekam im Jahr darauf eine bildhübsche und gesunde Tochter. Ich setzte alles so um, wie ich das vorgehabt hatte. Meine Tochter wurde im Tragetuch durch die Stadt getragen, ich ging ins Fitnessstudio, trainierte für den Frauenlauf, stillte so lange, wie es ging, und machte die erste Beikost sogar selbst. Nebenbei wurde die Wohnung geputzt und ich selbst leistete mir einmal im Monat Friseur und Pediküre. Alles war perfekt.

Bis das Schicksal im Mai 2007 dann beinhart zuschlug. Nach dem Lauftraining sah ich nur noch verschwommen, bis ich fast nichts mehr sah. Die Diagnose war nun rasch gefällt, nachdem sie im Jahr 2001 nur auf Verdacht gestellt worden war. Meine Tochter war erst ein Jahr alt und ich wurde damit konfrontiert, dass ich alle meine Pläne vergessen sollte. Das sagte zumindest der Arzt im Krankenhaus. Dabei war mit einem Kind unsere Familienplanung noch lange nicht abgeschlossen und ich dachte gar nicht daran, mein aktives Leben aufzugeben.

Jennifer beim Baby Yoga

Mein erster Schritt war also, mir eine Ärztin zu suchen, die sich mit MS-kranken Müttern auskannte. Denn eines wollte ich auch nicht. Sofort abstillen. Und diese Ärztin, die heute noch meine Neurologin ist, sprach mir Mut zu. Nach drei fast schubfreien Jahren bekam ich ein weiteres Kind und musste mir aus meinem nahen Umfeld schon vorab viele Vorwürfe anhören. Es wäre unverantwortlich, als kranke Mutter ein Kind in die Welt zu setzen. Die Kinder wären arm und ich wäre egoistisch. Kaum jemand fragte mich, wie es mir dabei ging. Niemand sah die positiven Seiten eines zweiten Kindes. Schließlich ist es gut, Geschwister zu haben, meiner Meinung nach gerade, wenn nicht alles rundläuft.

Jetzt, zehn Jahre später, bin ich froh, auf niemanden außer auf meine Ärztin gehört zu haben. Die Schübe wurden durch die Schwangerschaften und Geburten nicht zahlreicher und auch nicht schwerer. Natürlich war ich öfter müde (obwohl auch gesunde Eltern davon ein Lied singen können) und besonders als sie klein waren, war es ein Kraftakt, den Tag zu „überleben“. Mit Baby und Kleinkind zogen wir auch in ein Haus um und hatten kaum Hilfe beim Übersiedeln und anschließenden Auspacken. Da ich zu dieser Zeit nur Kindergeld erhielt, musste ich auch ohne eigenes Auto auskommen, was auf dem Land sehr schwierig war, vor allem da Kindergarten und Schule mehr als einen Kilometer entfernt lagen.

Pool mit Gummitieren

Als das zweite Baby ein Jahr alt war, musste ich wieder ins Krankenhaus, da ich auf einmal meine Beine nicht mehr bewegen konnte und zusätzlich starke Schmerzen im Rücken hatte. Doch es war nicht von der MS, sondern ein Bandscheibenvorfall, durch das viele Stemmen und Transportieren. Das Tragetuch habe ich nie wieder benutzt.

Und wie es so schön heißt: Ein Unglück kommt selten alleine. Eine Autoimmunkrankheit anscheinend auch nicht. Bei mir haben sich zusätzlich Allergien und ein Hashimoto dazugesellt. Interessanterweise habe ich viele MS-Kranke kennengelernt, die auch mit mehr als einer Autoimmunkrankheit kämpfen. Meiner Meinung nach ist das sicher auch der Schlüssel zu einem Heilmittel.

Trotz aller Schwierigkeiten und dem krankheitsbedingten Verlust meiner Arbeit als Flugbegleiterin lag und liegt mein Fokus immer auf Nähe zu meinen Kindern, denn mein Leben spielt sich vorwiegend in meinen eigenen vier Wänden ab. Ich mache meine Krankheit so wenig wie möglich zum Thema. Mir ist und war es wichtig, dass meine Töchter eine Kindheit erleben, die weitgehend normal ist. Trotz starker Schmerzen rund um die Uhr und diverser Ausfälle versuche ich, viel für sie da zu sein, ohne sie zu erdrücken.

Über den Wolken mit Multiple Sklerose im Flugzeug

Als eine meiner Töchter das erste Mal über meine Krankheit nachdachte, kamen Ängste bei ihr auf, ob sie es auch bekommen könnte. Meine Neurologin war so lieb und hat mit meinen Töchtern geredet. Ich persönlich habe mehr Angst, dass sie einen Unfall auf dem Schulweg haben, als dass sie MS bekommen.

Möglicherweise wachsen meine Mädchen etwas anders auf als ihre SchulkollegInnen. Sie haben öfter als andere Kinder ihre Mama im Krankenhaus besucht oder auf Reha. Natürlich gibt es nach wie vor schlechtere Tage, da helfen sie mir zum Beispiel, meine Socken anzuziehen. Und auch wenn ich anfangs sehr traurig war, dass ich vieles nicht (mehr) mit ihnen machen kann, wie Radfahren oder Eislaufen, bin ich darauf gekommen, dass es noch ganz viele Dinge gibt, die ich meinen Kindern mit auf den Weg geben kann. Ich glaube, sie sind durch die Umstände schneller selbstständig geworden als andere Kinder. Schon im letzten Kindergartenjahr haben sie sich alleine angezogen und sie waren immer pünktlich fertig. Auch Probleme wie Wutanfälle beim Einkaufen erlebte ich höchst selten. Vielleicht haben sie gespürt, dass ich zu viel Stress nicht gut aushalte. Vielleicht war es aber auch Zufall. Aber ich bin mir sicher, dass sie bei mir immer an erster Stelle kommen.

Meiner Mama schenke ich zum Muttertag einen Brief

Ja, das Haus mag nicht immer blitzblank sein, das Essen kommt manchmal vom Italiener oder Chinarestaurant nebenan, statt Fitnessstudio gibt es Rehaübungen und fürs Wasserrutschen, Sandburgbauen und Radfahren ist mein Mann zuständig. Aber im Vorlesen und bei Brettspielen bin ich unschlagbar. Und manchmal kann ich auch komplett durchgeknallt durch das Haus singen und tanzen. Das hat mir bei meinen Kindern schon den Spitznamen „Crazy Mum“ eingebracht.☺ Meine Kinder lernen von mir, dass jeder Mensch manche Dinge gut und andere Dinge schlechter kann, egal ob er krank, gesund oder behindert ist. Ich versuche, Ihnen den Blick auf die Schönheit des Lebens, den Schutz der Tiere und der Natur zu öffnen und sie zu starken und unabhängigen jungen Frauen zu erziehen.

"Eine Mutter ist der einzige Mensch auf der Welt, der dich schon liebt, bevor er dich kennt."

(Johann Heinrich Pestalozzi)

Mit gutem Beispiel voranzugehen gelingt mir nicht jeden Tag. Aber wenn ich meine Mädchen ansehe, ist mein Herz voller Liebe, und ich habe beschlossen, mich darauf zu konzentrieren. Und ich hoffe, dass sie diese Liebe täglich spüren und sie mit ihr auch später durch das Leben getragen werden und es meistern.

Wer sagt eigentlich, dass Superhelden gesund sein müssen? Daredevil ist blind, Deadpool hat Hautkrebs, Oracle sitzt im Rollstuhl. Sie sind trotzdem stark auf die eine oder andere Weise. Vielleicht sogar stärker als die anderen.

Und wer weiß, vielleicht hat Wonder Woman sogar MS, nur weiß es noch keiner ...

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MAT-DE-2006695-2.0-09/2023