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Mit der MS im Gepäck

Arm in Arm am Strand dem Sonnenuntergang zuschauen

… wird das Verhältnis von Arzt zum Betroffenen doch noch einmal etwas anders als noch davor. Jedoch wandelt sich auch das im Laufe der Zeit. Aber ich fange mal ganz von vorne an: Das Verhältnis von Arzt und Patientin

Das Verhältnis von Artzt und Patientin

Zur Diagnosestellung traf mich die geballte Ladung Halbgott in Weiß mit der Mischung aus der professionellen Neutralität und dem Mitgefühl für eine knapp 20-Jährige, der man gerade eine Hiobsbotschaft übermittelt hat. Der Arzt trat in die Figur des Experten, der mir dann verschiedene Wege und Möglichkeiten der Behandlung aufzeigte. Er gab sich große Mühe, mich zu erreichen, abholen konnte er mich jedoch nicht. Gibt es überhaupt ein „gutes Verhältnis“ zwischen Arzt und Patient in der Anfangszeit? Vermutlich nicht.

Da mein überschäumendes Immunsystem keine Ruhe gab und ein Schub zeitnah dem anderen folgte, schlug ich in einer Samstagnacht mit Doppelbildern in einem Krankenhaus auf. Die diensthabende Ärztin nahm mich ernst mit meinen tausend Ängsten, begegnete mir auf Augenhöhe und damit auf der Ebene, für die ich mich öffnete. Sie bot mir an, ich solle in der krankenhauseigenen Ambulanz vorstellig werden. Ich stimmte zu.

Vor dem ersten Termin

Für den ersten Termin versuchte ich mich vorzubereiten und schrieb alle, wirklich ALLE Fragen auf, die ich zu dem Zeitpunkt hatte. Mit meiner „Checkliste“ ging ich hin und bekam auch gutes Feedback! Sie beantwortete mir alles und schaffte damit die Grundlage für eine Art Vertrauensbasis. Ich fühlte mich zum ersten Mal aufgehoben! Als frisch Diagnostizierte durchsucht man natürlich das Internet, um zu überprüfen, ob die Informationen, die man bekommt, auch so richtig sind und was andere darüber denken. So auch ich.

Welche Tipps hat Dr. Google?

Googelt man „Multiple Sklerose“, so kommt man zuallererst auf Wikipedia. Schon alleine beim Lesen des Artikels kamen mir die Tränen. Wird es wirklich so schlimm? Werde ich im Rollstuhl landen? „Ich will sofort das stärkste Medikament, damit ich wieder gesund werde!“, war nach der Lektüre der vorherrschende Gedanke.

Die Mündigkeit als Patientin

Während meiner panikartigen Gedankenreise ploppte auch immer wieder ein anderer Impuls auf: „Tritt einen Schritt zurück und schau es dir an, damit du urteilen kannst! Hab den Mut, du hast Unterstützung!“ Ich versuchte es! Panik bringt in dem Augenblick wirklich herzlich wenig. Im Vertrauen schrieb ich meiner Ärztin eine Mail. Wieder mit ehrlichen Fragen und tausend Gedanken und Ängsten. Wir vereinbarten den nächsten Termin zur Abstimmung der Medikation, also mit welchen Waffen wir die MS bekämpfen würden. Sie brachte mir nahe, welche Therapie welche Nebenwirkungen hat, und sagte mir gerade heraus, was sie unter den gegebenen Umständen machen würde. Auch das erreichte mich und traf ins Schwarze!

Natürlich obliegt die finale Entscheidung mir als Patientin, aber von jemandem ernst genommen zu werden und auf Augenhöhe zu kommunizieren, ist Gold wert. Ich entschied mich für ein Medikament und schlug damit nach reiflicher Überlegung den Weg ein, den sie mir empfahl. Also erst einmal die leichtere Therapie, um noch auszutesten, auf was ich ansprach. Inzwischen ist einige Zeit vergangen und die anfängliche Panik hat sich gelegt. Ich hatte Glück mit der Wahl meiner Ärztin, die mich gleich auffing. Die leichtere Medikation war nicht das Richtige. Zusammen entschieden wir, dass wir uns auf immunsuppressive Medikamente konzentrieren, um die Krankheit in den Griff zu bekommen. Das klappte!

Wie geht es nun weiter?

Worin liegt das Geheimnis? Meiner Meinung nach ist hier die Ehrlichkeit ein ganz großer Faktor. Egal ob frisch diagnostiziert oder als „alter Hase“: Sei ehrlich, stell die Fragen, die du beantwortet haben möchtest und formuliere die Ängste, die dich beschäftigen.

Fühlst du dich nicht wohl oder schlecht betreut, dann spreche das doch ganz offen an oder wechsle im Ernstfall den Arzt!

GZDE.MS.18.08.0579