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Meine Selbstvorsorge: Energiemanagement für Angehörige

Fürsorge und Vorsorge bei MS

Fürsorge und Vorsorge sind zwei unterschiedliche Dinge. Oder vielleicht doch nicht?

Also, unter dem Begriff „Vorsorge“ verstehen die meisten vielleicht die Vorsorge durch ein gut gefülltes Bankkonto oder durch eine Versicherung. Daher: Wie kann ich ein absehbares Risiko absichern? Aber wie kann ich ein unabsehbares Risiko absichern? Wie kann ich durch eine Versicherung meinen aktuellen Zustand verbessern/verändern oder den Verlauf einer, meiner, Krankheit verändern … ääh, stopp. Spätestens an dieser Stelle komme ich nicht weiter. Ich bin kein Versicherungsfachmann, aber als Kind der 80er klingt mir noch dieser Werbesong „… keine Sorge, Volksfürsorge …“ durch den Kopf. Fürsorge. Damit kann ich etwas anfangen.

Ist es denn nicht auch vorsorgend, fürsorglich für seinen Partner zu sein?

Sagen wir es mal so: In einem Haushalt mit selbstständig erwerbstätig Erwachsenen, zwei kleinen Kindern und einem Hund sowie (aufgrund der Distanzen) ohne Unterstützung durch Verwandte sind Stress, Belastung und Erschöpfung durchaus ein Thema. Keine idealen Voraussetzungen für chronische Erkrankungen.

Nun haben wir die Erfahrung gemacht, dass uns das Einräumen und Gewähren von Freiräumen schon ein ganzes Stück weit entlastet. Wir machen das in der Form, dass Gina auf jeden Fall einen festen Termin in der Woche für ein Hobby, hier das Cellospielen, nicht etwa Neurologenbesuche, wahrnehmen kann. Für diesen Termin versuche ich, nach Möglichkeit, ihr den Rücken freizuhalten. Was in aller Regel auch funktioniert. Denn gerade ein solch regelmäßiger Termin ergibt in all dem Alltagstrubel Sinn. Er kann als Ankerpunkt in der Woche dienen. Einen festen, regelmäßigen Termin vergisst oder verdrängt man auch nicht so leicht. Zum anderen hat sie dadurch auch immer einen fixen Punkt, auf den sie sich die Woche freuen kann.

Zusätzlich hilft es, unregelmäßige Termine einzurichten. Oder zumindest regelmäßige, bei denen je nach Lust und Laune oder Geldbeutel auch mal einer ausfallen darf. Das wäre in Ginas Fall das wiederentdeckte Reiten. Hier ist schon abzulesen, dass es um Reittermine mit einem „Leihpferd“ geht. Die zusätzliche zeitliche und finanzielle Belastung durch eine Reitbeteiligung oder gar einen eigenen Hufträger wäre dann wieder „etwas zu viel des Guten“.

Am Ende gib es dann ja noch die gelegentlichen Termine für Gina. Diese erfordern leider etwas mehr Koordinierungs- und Planungsaufwand, sollten aber auch ermöglicht werden. Also zum Beispiel mal nur mit dem Hund ein Wochenende an die Nordsee oder auch nur ein ausgedehnter Spaziergang mit befreundeten Hundehaltern im Park.

Das Schaffen von Freiräumen verhilft Gina zu dringend benötigten Verschnaufpausen und Ruhephasen und kann helfen, dem Selbstwertgefühl etwas auf die Beine zu helfen. Es tut einfach gut, mal etwas ohne schlechtes Gewissen nur für sich tun zu können.

Dann war da ja noch, wie eingangs erwähnt, das Freiräume-Gewähren. Na ja, die ganze Situation ist ja auch ein Geben und Nehmen. Daher wird mir, also in unserem Fall, die Möglichkeit eingeräumt, ein altes Hobby wieder aufzugreifen. Eines bei dem (meist) erwachsene (meist) Männer einen Haufen Kunststoffminiaturen über ein großes Spielfeld bewegen und dafür händevoll Würfel benötigt werden, man nennt es Warhammer. Also ein Hobby, dass zwar auch seine Zeit in Anspruch nimmt, aber dessen Termine, bis auf wenige Ausnahmen, recht flexibel sind und einen ähnlichen Gesamtaufwand aufweisen wie die eingeräumten Freiräume meiner Frau.

Dies ist nur ein Beispiel, wie es in unserem Fall gerade ganz gut funktioniert. Das Ganze kann von Situation zu Situation sowie Aufwand oder Zeit ganz unterschiedlich sein. Aber ich selbst finde, dass gerade diese Freiräume, einfach mal zu tun und zu lassen, was man will, ganz wichtig sind, um sich etwas zu entspannen und Abstand zum Alltag zu gewinnen. Was in meinen Augen keinen unbedeutenden Teil einer Vorsorge ausmacht.

Einen nächsten Punkt hört oder liest man sicher öfter. Hat aber indirekt auch etwas mit dem zuvor Geschilderten zu tun: Essen! Gerade aus meiner Zeit während meines späten Studiums, die Tinte auf dem Zeugnis ist noch nicht ganz trocken, weiß ich mittlerweile ziemlich genau, was hier nicht funktioniert! In den seltenen Phasen, in denen ich es geschafft habe, meine Nahrungsaufnahme in geordnete Bahnen zu bekommen, habe ich schon nach kurzer Zeit erhebliche, positive Veränderungen an meiner Aufnahme- und Leistungsfähigkeit bemerkt. Somit zähle ich auch dieses Kapitel unbedingt in den Bereich der Vorsorge, aber man kann hier auch prima auf seinen Partner achten. Oder zumindest deren oder dessen Essgewohnheiten.

Drei ausgewogene Mahlzeiten am Tag sollen es sein. Egal wie viel wir zu tun haben oder wie gestresst wir auch sind. Es sollte keine Mahlzeit ausgelassen werden. Allein schon diese Grundregeln sorgen bei vielen unter uns, zumindest in meinem Bekanntenkreis, für ein müdes Schmunzeln. Ist in aller Regel einfach nicht drin! Aber, regelmäßige Nahrungsaufnahme stabilisiert den Tagesablauf und gibt (wirklich!) mehr Energie.

Das Frühstück ist schon einmal ein guter Anfang! Da wohl viele MS-Patienten tägliche Medikamente morgens zu sich nehmen müssen, ist diese Mahlzeit ohnehin gesetzt. Dennoch sollte man darauf achten, die empfohlenen Kohlenhydrate (zum Beispiel aus Hafer) und Proteine (Joghurt, Quark, Hüttenkäse etc.) zu sich zu nehmen.

Zum Mittag favorisiere ich Salat, damit mir am Nachmittag nicht vor dem Bildschirm die Augen zufallen. Fettiges Essen zum Mittag macht mich unfassbar träge. Im Studium hatte ich mir, auch aus Kostengründen, angewöhnt, morgens etwas Couscous in einer kleinen Dose mit Wasser und Olivenöl anzusetzen. Ab in den Rucksack und bis zum Mittag ist es schön aufgequollen. So habe ich dann meinem Mensa-Salat noch etwas Sättigendes und Leckeres beigemischt, ohne dass dieser „zu schwer“ wurde.

Zum Abend der Rest. Da habe ich keine besonderen Anreize. Nur sollte es ein Abendessen sein, das man am Tisch und nicht auf dem Sofa zu sich nimmt.

Die anderen Tipps kennen wir ja eigentlich auch alle. Nimm gesunde Snacks zu dir, damit du den ganzen Tag Energie hast. Obst, auch Trockenobst oder Nüsse. Keine zuckerhaltigen oder fettigen Snacks. Keine Limonaden oder süßen Säfte. Zumindest nicht als Durstlöscher. Und, auch wenn ich es nicht gerne zugebe, minimiere deinen Koffeinkonsum. Kaffee gibt einmal kurz das Gefühl, wieder voll bei der Sache zu sein, aber später sinken die gewonnene Energie und die Laune rapide ab. Wenn man weniger davon zu sich nimmt, schläft man auch besser. Gibt es eine empfohlene Menge? Müsste wohl so bei zwei Tassen am Tag liegen.

Vorsorgen in Form der Fürsorge bedeutet, zumindest nach meinem Verständnis, auch Vorbeugen. Und mal ehrlich: Vieles, leider nicht alles, schaffen wir gerade umzusetzen.

Und es fühlt sich schon echt gut an.

MAT-DE-2006697-2.0-09 /2023