
MS-Community auf Instagram: Nicht mehr allein
An einem anderen Tag, es war ein wunderschöner warmer Frühlingstag, fragte sie mich, ob ich Instagram kennen würde. Ich kannte es, hatte sogar schon einen Account, aber auf diesem noch nichts veröffentlicht.
Ich auf Instagram? Die, die gar nicht so schön ist, nicht fotogen genug, um überhaupt eine Reichweite zu erlangen? Obwohl ich mich schon ein wenig hübscher, innen wie außen, fühlte, war das für mich noch zu viel. Doch meine Freundin ermutigte mich.
Ich machte also ein erstes Foto. Ganz cool, ganz locker machte ich ein Selfie mit ausgestreckter Zunge. Hashtags hatte ich auch hinzugefügt und so dauerte es nicht lange, bis ich plötzlich Follower hatte. Ich folgte zurück, denn es waren Menschen mit meiner chronischen Erkrankung. Ich hatte noch nie großartigen Kontakt zu anderen MS-Erkrankten, außer in Rehakliniken.
Es fing an, mir richtig Spaß zu machen, und es entwickelte sich eine richtige Community auf Instagram, nach der ich regelrecht süchtig wurde. Ich wurde auch süchtig nach dem Gefühl, welches ich damit verband: Ich war nicht mehr allein!
Natürlich spricht man nicht immer mit jedem einzelnen, aber das muss man auch gar nicht. Es reicht auch aus zu wissen, dass da jemand ist, wenn man es möchte. Es reichte manchmal auch aus, nur die Beiträge der anderen zu lesen. Zu sehen, dass auch andere so fühlen. Ich bemerkte auch immer mehr, wie das ankam, was ich da machte.
Mut machen mit Höhen und Tiefen
Ich teilte von nun an meine Erfolge, die ich mit dem Training erzielte, auf Instagram ... oder auch mal Dinge, die nicht so gut liefen. Nicht nur ich hatte Mut aus den Geschichten der anderen gewonnen, sondern auch ich wurde plötzlich zu einem Mutmacher für andere.
Vor dreieinhalb Jahren fühlte ich mich auch stark genug, aus dem Heim und nach Wismar zu meinem Freund zu ziehen. Am Anfang war es nicht ganz leicht. Meine Wohnung musste rollstuhlgerecht umgebaut werden und so zog ich auf eine Baustelle. Dass da auch mal Streit und Stress aufkommen kann bei so viel Druck, ist auch ganz normal. Und es ließ mich zwischendurch zweifeln. Mein Körper zeigte mir, dass dieser Stress zu viel war. Mein linker Arm machte schlapp und ich selbst auch. Mit meinem bisher gewonnenen Wissen über meine Erkrankung bin ich jedoch auch dieses Thema erneut angegangen.
Bestimmte Arm- und Handübungen gehörten wieder zu meinem Alltag. Dieses Mal war ich jedoch nicht ganz alleine damit, denn ich fand hier in Wismar ein Sportzentrum. Es ist fast wie ein normales Fitnessstudio, nur dass die Mitarbeiter dort Physiotherapeuten sind und auch viel mit Schlaganfallpatienten zusammenarbeiten. Es gefiel mir so gut, dass ich bis heute zweimal wöchentlich dorthin fahre. Einige der Übungen habe ich auch zu Hause durchgeführt, so dass mein Arm nach anderthalb Jahren zu 75 % wiederhergestellt ist.
Meine Reise der Selbstheilung
Ich bin die letzten Jahre so überwältigt worden, dass ich schon manchmal dachte, irgendwann müsste ich jetzt aufwachen. Es fühlt sich an wie ein wunderschöner Traum. Nicht nur der Support der MS-Community ist überwältigend.
Ich durfte für MS-Begleiter schon mal etwas schreiben und was sich daraufhin entwickelte – das hätte ich niemals für möglich gehalten. Nach meinem ersten Blogartikel „Wie ich die Angst vor meiner MS überwunden habe“ meldete sich eine Journalistin bei mir. Sie arbeitet für das GEO-Magazin und wollte gerne etwas mit mir machen.
Und das sollte es nicht gewesen sein. Drei verschiedene andere Magazine, ein großer bekannter Fernsehsender ... so viel Aufmerksamkeit hatte ich noch nie zuvor in meinem Leben. Ich bin auch Markenbotschafterin für die Firma meines Rollstuhls geworden und darf ganz kreativ und selbstbestimmt Content damit machen.
Aber was mich am meisten stolz macht, ist, dass andere Erkrankte mir vertrauen. Und dass wir uns alle gegenseitig Halt und Mut geben.
Ich bin dankbar für die Erfahrungen, die ich machen darf. Ich freue mich auf die Zukunft und bin gespannt, was mir noch so alles in meinem Leben begegnen wird.
Und falls Ihr mich auf meiner Reise ein Stückchen begleiten möchtet, findet Ihr mich auf Instagram @journeyofsilenthealingms
Eure Nine
