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„MS und Beruf – verträgt sich das wirklich?“

Beate

Ihr Lieben,
dieser Blogeintrag ist entstanden, weil ich vor kurzem angerufen und gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, einen Blogbeitrag zum Thema „Beruf mit MS" zu schreiben.Da ich sehr begeisterungsfähig bin und total davon angetan, weil MICH jemand nach quasi einer „Auftragsarbeit" fragt, war meine spontane Antwort natürlich „Ja, gerne!" ?.

Zu dem Thema weiß ich sogar einiges zu erzählen. 
Ich habe schon mehrere berufliche Stationen hinter mir und rückblickend betrachtet habe ich mich schon öfter gefragt, ob die Multiple Sklerose bei mir schon früher eine Rolle spielte, als sie noch lange nicht diagnostiziert war. So war ich mehrere Jahre im Einzelhandel tätig, was in meinem Fall mit vielen Überstunden aufgrund einer eher miserablen Schichteinteilung einherging. Kaum verwunderlich, dass ich dem Ganzen nach einigen Jahren den Rücken gekehrt habe. Der nächste Weg hieß: nebenberufliche Weiterbildung.

Als IHK-Fachwirtin waren meine Chancen vermeintlich höher. Dass ich während der Weiterbildung öfter mal mit Konzentrationsschwierigkeiten und teilweisen Wortfindungsstörungen zu tun hatte, habe ich leichtsinnigerweise meinem schon seit der Kindheit bestehenden Diabetes zugeschrieben. Ob es tatsächlich an der MS lag, lässt sich heute leider nicht mehr wirklich sagen. 

Aber auch im späteren Verlauf war ich jeweils stark gefordert und abends eher zu nicht mehr viel fähig – hier habe ich jeweils in Vollzeit gearbeitet. Währenddessen erhielt ich auch meine MS-Diagnose. Ich wollte mir einfach nicht eingestehen, dass ich nun – neben Diabetes mellitus, der mich ohnehin fast den ganzen Tag beschäftigt – noch einen zweiten Klotz am Bein habe. Wie bei so vielen kamen die typischen Verarbeitungsmuster: erst Trauer, dann Verzweiflung, Wut, Trotz und dann irgendwann Akzeptanz. Mit dieser Akzeptanz begann ich die MS als Geschenk zu sehen. Ein Geschenk, das mir mein Körper gemacht hat, um mich deutlich darauf hinzuweisen, dass man sich selbst nicht so unter Druck setzen sollte (das konnte ich gut und kann es immer noch in Teilen ...). Hier half mir besonders auch meine derzeitige Arbeitsstelle bei einer kommunalen Stadtverwaltung. Seit nun gut 8 Jahren sollte man ganz nach dem üblichen Klischee meinen, ich habe ein ruhiges Leben. Nun ... nicht alle Klischees treffen vollends zu. 

Seit der Erziehungspause arbeite ich in Teilzeit und würde mich vermutlich auch keinen ganzen Tag mehr gut konzentrieren können. Das merke ich oft, wenn ich in meiner ehrenamtlichen Tätigkeit (Betreuung „meiner" MS-Selbsthilfegruppe ?) manchmal einen ganzen Tag ein Seminar habe. Nach 5–6 Stunden ist der Kopf einfach dicht und ich nehme nichts mehr auf. Das liegt evtl. daran, dass ich weiterhin ein hohes Pflichtbewusstsein habe und mich selbst manchmal über die persönlichen Grenzen hinaus belaste. Das spüre ich dann daran, dass ich wirklich lange brauche, um nachts zur Ruhe zu kommen, weil mich manche Dinge einfach nicht loslassen. Mein Vorteil ist aber, dass ich nun schon seit mehreren Jahren, mit Ausnahme einer kurzen Sehnerventzündung, keine weiteren dauerhaften körperlichen Symptome der MS mehr bemerkt habe. Einzig Konzentrationsstörungen und besonders kognitive Schwierigkeiten machen sich eher breit.  Aber ob das nun tatsächlich mit der MS zu tun hat oder eine Folge unserer schnelllebigen Zeit mit ihren vielen Ansprüchen ist, lässt sich leider nie so genau trennen. 

Meine Antwort auf die Frage „Wie gehts Dir?" lautet oft „Alles gut". Denn im Vergleich (mit evtl. anderen oder mit der Zeit VOR bzw. direkt nach der Diagnose) geht es mir jetzt wirklich recht gut. Ich versuche, so oft wie möglich Zeit draußen an der frischen Luft zu verbringen, mich zu bewegen, viel Rad zu fahren oder überhaupt Dinge zu tun, die auch einem „gesunden Menschen" helfen, fit zu bleiben. An manchen Tagen kann ich mich aber auch so überhaupt nicht dazu aufraffen, weil sich der Körper schwer wie Blei anfühlt und ich ganz laut die Couch rufen höre. 

Dann bin ich aber auch so großzügig mir gegenüber und sage: „Okay ... heute dann halt nicht!" Klingt nach Selbstfürsorge? Ja, das ist es! Man muss nix erzwingen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Diese Einstellung habe ich gelernt, bin somit etwas gelassener geworden und schaffe das, sagen wir, zu 80 %. Dann ist es mir auch egal, ob ich im Büro einen Stapel Arbeit, der mich schon seit einer Woche mahnend anschaut, nochmal zur Seite schiebe, weil ich währenddessen eine noch dringendere Arbeit erledige. Es ist nie alles im gleichen Maße wichtig – man sollte einfach priorisieren und auch mal fünfe gerade sein lassen können. Das Gras wächst bekanntlich auch nicht schneller, wenn man daran zieht.

Daher mein Fazit: MS & Beruf passen gut zusammen, wenn man das passende Tätigkeitsfeld für sich gefunden hat. Zu viel Hektik und Stress führen meiner Meinung nach zu Überlastung, auf die (manchmal nicht nur die eigene) Unzufriedenheit folgt. Und das lässt einen der Körper spüren. Daher rate ich auch immer jeder und jedem, die oder der es hören mag (oder auch nicht): Do more of what makes you happy! Tue viel von dem, was dich glücklich macht – dein Körper und deine Seele werden es dir danken. ??

MS & Beruf passen gut zusammen
MAT-DE-2400244-1.0-01/2024