Impfen bei MS? Ja!

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Schutzimpfungen bei MS nutzen

Jede Infektion kann bei Menschen mit Multipler Sklerose die Entwicklung eines akuten Krankheitsschubs provozieren. Das gilt für Covid-19 genauso wie für die Grippe und andere Infektionskrankheiten. „Deshalb sollten bei einer Multiplen Sklerose unbedingt die Chancen der Schutzimpfungen genutzt werden“ erklärt Privatdozent Dr. Karl Baum, Inhaber einer MS-Schwerpunktpraxis in Hennigsdorf. Allerdings sind bei der Impfung einige Grundregeln zu beachten.

Mit Hilfe von Schutzimpfungen können wir uns vor durch Bakterien wie auch Viren ausgelösten Infektionskrankheiten schützen. Dabei wird ein Impfstoff in den Körper eingebracht, der unser Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen gegen die jeweiligen Krankheitserreger stimuliert1. Kommt es später zum Eindringen der entsprechenden Keime in den Körper, so wird das Abwehrsystem aktiviert und kann die Erreger eliminieren.

Welche Impfungen generell oder für bestimmte Personengruppen sinnvoll sind, wird in den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut festgelegt2. Die Empfehlungen der STIKO werden in regelmäßigen Abständen entsprechend den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aktualisiert und in aller Regel einmal jährlich veröffentlicht.

Impfempfehlungen der STIKO beachten

Das betrifft zum einen die üblichen Standardimpfungen, die generell als Grundimmunisierung wichtig sind. Hierzu gehören zum Beispiel Impfungen gegen Masern, Röteln und Mumps, aber auch gegen Diphterie, Tetanus, Kinderlähmung und weitere Infektionskrankheiten. Zum anderen gibt die STIKO auch Empfehlungen heraus zu sogenannten Indikationsimpfungen, also zu Impfungen, die nur in konkreten Situationen oder für bestimmte Personengruppen wichtig sind. Beispiele hierfür sind die Grippeschutzimpfung für ältere Menschen, solche mit ernsten Grunderkrankungen oder Beschäftige in Gesundheitsberufen sowie Reiseimpfungen wie etwa eine Impfung gegen Cholera oder Typhus.

Sehr wichtig ist ein umfassender Impfschutz für Menschen mit MS. „Denn Infektionen können ein Wegbereiter für akute MS-Schübe und für anschließend anhaltende neurologische Defizite sein“, berichtet Baum.

Besonderheiten bei MS berücksichtigen

Allerdings ist bei der MS zu differenzieren, welcher Impfstoff verabreicht wird. „Generell unproblematisch sind Impfungen mit einem sogenannten Totimpfstoff“, so Baum. Es handelt sich hierbei um ein Vakzin, das abgetötete Erreger enthält, die sich nicht mehr vermehren können oder aber sogar nur um Bestandteile des Bakteriums oder des Virus.

Etwas anders sieht das bei Lebendimpfstoffen aus. Diese enthalten geringe Mengen vermehrungsfähiger Krankheitserreger, die jedoch abgeschwächt wurden und damit die Erkrankung selbst nicht auslösen. Auch die meisten dieser Lebendimpfstoffe wie etwa Impfstoffe gegen Masern, Mumps und Röteln können bei der MS problemlos eingesetzt werden, berichtet Dr. Baum. „Wir haben sehr umfassende Erfahrungen hierzu und es besteht nach derzeitiger Kenntnis nicht die Gefahr, dass durch eine solche Impfung ein Krankheitsschub ausgelöst wird“. Es gibt allerdings Ausnahmen wie beispielsweise eine Impfung gegen Gelbfieber, die aufgrund der möglichen Nebenwirkungen nicht bei Menschen mit MS empfohlen wird.

Davon abgesehen sollten keine Lebendimpfstoffe eingesetzt werden, wenn beispielsweise durch die MS-Medikamente eine Immunsuppression induziert wird. „Dann sollte nicht unter der laufenden Therapie geimpft werden“, sagt Baum. „Vielmehr sollte etwa sechs Wochen vor der Aufnahme einer solchen Behandlung dafür gesorgt werden, dass ein umfassender Impfschutz besteht“.

Es gibt ferner Toxin-Impfstoffe, wie sie beispielsweise bei den Impfungen gegen Tetanus und Diphterie zum Einsatz kommen. Sie enthalten keine Bestandteile des Erregers, sondern des von diesem gebildeten Toxins. Auch die Toxin-Impfstoffe sind bei der MS unproblematisch.

Generell ist laut Baum immer zu bedenken, dass die Folgen einer Infektion allgemein schwerwiegender sind als das potenzielle Nebenwirkungsrisiko der Impfung: „Nur wenn dies gegeben ist, kommt es zur Zulassung des Impfstoffs.“ Das gilt gleichermaßen für die MS, wobei nach Baum die geschilderten Ausnahmen zu berücksichtigen sind.