Humor kann mehr als lustig sein

5 Min. Lesezeit

Schwarzer Humor Cartoon von Phil Hubbe: Arzt als Clown

Wer mit der MS-Diagnose konfrontiert ist, dem ist wahrscheinlich erst mal nicht nach Lachen zumute. Humor kann Dir jedoch helfen, Deine Situation aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und den Fokus wieder auf die positiven Seiten des Lebens zu richten.
„Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ kann beim Umgang mit der Multiplen Sklerose oft helfen.

Was ist Humor?

Bis heute gibt es keine einheitliche Definition dafür, was Humor ist, und das, obwohl sich Wissenschaftler*innen und Philosoph*innen schon seit Jahrhunderten den Kopf darüber zerbrechen.

Wer etwas recherchiert, findet verschiedene Beschreibungen. Zum Beispiel wird Humor als eine Charaktereigenschaft definiert, als innere Haltung oder Einstellung, die man zum Leben hat. Eine andere Erklärung für Humor ist die Fähigkeit, Unangenehmes und alltägliche Schwierigkeiten gelassen und heiter zu betrachten, oder die Fähigkeit, Witze zu machen und sie zu verstehen.

Jede dieser Definitionen beschreibt einen bestimmten Aspekt von Humor, deshalb sind alle richtig, aber irgendwie doch nicht vollständig.

Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass Humor zum Teil angeboren ist und eine genetische Komponente hat. Worüber wir lachen können und was wir witzig finden, hängt aber auch von unseren persönlichen Erfahrungen und von kulturellen und sozialen Einflüssen ab.

»Ich kenne einen lustigen Bahnwitz – weiß aber nicht, ob der ankommt.«

Andere Länder, andere Lacher1

Worüber gelacht wird, ist nicht überall auf der Welt gleich. Zum Beispiel kommen Wortspiele besonders gut in Australien, Neuseeland, England und Irland an. Die Brit*innen sind bekannt für ihren schwarzen Humor – sie machen über alles Scherze, auch über Themen, bei denen uns das Lachen gerne mal im Hals stecken bleibt.

Menschen aus den USA und Kanada fühlen sich gerne überlegen. Sie lachen am meisten bei Witzen, bei denen sie sich selbst über andere erheben und diese dann schlecht aussehen lassen. Franzosen und Französinnen, Dän*innen und Belgier*innen mögen es beim Humor eher surreal. Und wir „humorlosen Deutschen“? Wir haben keine Präferenzen, wir lachen einfach über alles!

Wie wirkt Humor?

Lachen ist die beste Medizin, heißt es. Aber stimmt das? Wissenschaftler*innen weltweit beschäftigen sich mit der Frage, was Humor in uns bewirkt und wie er uns helfen kann.

Es gibt sogar einen eigenen Wissenschaftszweig, der dieser Frage nachgeht – die Gelotologie. Gelotolog*innen haben schon viel über die Effekte von Humor herausgefunden. Zum Beispiel konnte in Studien belegt werden, dass Humor gesund ist.2

Forscher*innen konnten zeigen, dass der Körper beim Lachen Endorphine ausschüttet. Außerdem wird das Belohnungszentrum im Hirn aktiviert. Lachen macht also auch glücklich. Nach einem ordentlichen Lachanfall sind zudem mehr körpereigene Abwehrstoffe im Blut nachweisbar, dafür aber weniger Stresshormone. Lachen macht uns außerdem weniger schmerzempfindlich.2

»Eine schwangere Frau geht zum Bäcker und sagt: „Ich bekomme ein Pfund Brot.“ – Darauf der Bäcker: „Sachen gibt's!"«

Zudem hat ein Forschungsteam herausgefunden, dass Lachen bei Stress wie ein Puffer wirkt. Die Wissenschaftler*innen konnten zeigen: Wer häufiger im Alltag lacht, dem fällt der Umgang mit stressreichen Erlebnissen leichter. Dabei galt: Je häufiger gelacht wurde, desto geringere Stresssymptome fühlten die Proband*innen. Und das ganz unabhängig davon, wie intensiv das Lachen war.3

Die Blogger*innen Torsten, Heike und Marie berichten von Vorurteilen, Sprüchen und Situationen, denen sie in ihrem alltäglichen Leben mit Multipler Sklerose immer wieder begegnen.

Drei Thesen, was Humor noch kann

Therapeut*innen und Expert*innen konnten allerdings auch Effekte von Humor beobachten, die bisher nicht wissenschaftlich belegt sind, und es gibt einige Thesen dazu, was Humor noch alles kann. Wir haben uns drei Thesen angeschaut, die auch für Menschen mit MS interessant sein können. Denn nur weil sie noch nicht wissenschaftlich bewiesen sind, heißt das nicht, dass sie nicht stimmen.

These 1: Humor macht stark
Wenn Du Dich nach einem schweren Schlag wieder aufrappeln willst, kann Dir eine positive Grundhaltung helfen. Wer selbst in Krisen eine optimistische Perspektive für die Zukunft entwickeln kann, hat eher einen Grund, aufzustehen und weiterzumachen. Außerdem wirst Du wahrscheinlich weniger Angst haben zu scheitern, wenn Du Rückschläge mit heiterer Gelassenheit sehen kannst. Dadurch können sich neue Lösungs- und Denkmöglichkeiten ergeben und Du fühlst Dich handlungsfähiger.

»Ich habe meiner Pflanze angeboten, sie nur noch 1 x pro Woche zu gießen. Sie ist darauf eingegangen.«

These 2: Humor eröffnet neue Perspektiven
Dass Lachen gegen Stress hilft, wurde ja schon beschrieben. Es gibt aber einen weiteren Aspekt, wie Humor bei Stress helfen kann.

Stress ist nämlich manchmal eine Sache der Perspektive. Stress entsteht also nicht immer durch Überforderung oder Druck, manchmal machen wir uns den Stress einfach selbst.
Perspektivwechsel heißt das Zauberwort! Wenn Du eine Situation mit Humor betrachtest, anstatt bierernst zu bleiben, trittst Du meist einen Schritt zurück. Das kann Dir eine klare Sicht auf die Dinge geben und Du kannst leichter Strategien entwickeln, wie Du die Situation entschärfen kannst.

»„Was machen Sie beruflich?“ – „Ich bin Zauberer.“ – „Und was für Tricks können Sie?“ – „Ich zersäge Menschen.“ – „Ach, haben Sie auch Geschwister?“ – „Ja, zwei Halbschwestern.“«

These 3: Humor lockert schwierige Situationen auf
Menschen mit Multipler Sklerose sind nicht selten kuriosen Kommentaren ausgesetzt. Mit Humor kannst Du diese Situationen entschärfen. Etwas Heiterkeit macht es oft leichter, auf andere Menschen zuzugehen. Wenn Du Dich nicht ärgern lässt, sondern Dich eher amüsierst, fällt es Dir vielleicht leichter, auf einen blöden Spruch entspannt zu reagieren.

Aber Achtung: Humor ist nicht gleich Humor. Es gibt wertschätzenden oder abwertenden Humor. Du kannst Dein Gegenüber schlecht aussehen lassen, wenn Du einen abwertenden Witz über ihn oder sie machst. Wer besser mit seinen Mitmenschen kommunizieren möchte, sollte nicht auf abwertenden Humor setzen. Der kann vielleicht kurzfristig für einen Lacher sorgen, wird aber immer einen bitteren Nachgeschmack behalten.

Humor kann man trainieren

Gehörst Du zu den Menschen, denen nicht so einfach mal ein Witz über die Lippen kommt? Nimmst Du das Leben meist sehr ernst und findest Du Humor eigentlich nur albern? Wenn Du jetzt trotzdem mal ausprobieren möchtest, ob Humor Dein Leben bereichern kann, dann gibt es eine gute Nachricht: Humor kann man trainieren – es gibt sogar spezielle Kurse dafür.

Oder Du versuchst es mit diesen drei Tipps. Die können Dir eventuell helfen, etwas mehr Spaß in Dein Leben zu bringen:

  1. Umgib Dich mit Humor: Besuch doch mal eine Comedy-Show oder schau Dir eine Komödie an! Bücherwürmer können lustige Bücher lesen oder einen Comic. Einige Cartoons zum Thema MS von Phil Hubbe findest Du auch hier auf der Website. Oder umgib Dich mit witzigen Menschen. Geh mit Deinen humorvollen Freund*innen aus.
     

  2. Sei kindisch und verspielt: Kinder lachen etwa 400-mal am Tag. Erwachsene dagegen bringen es nicht einmal auf 15 Lacher.4 Wenn Du Deine natürliche Verspieltheit wieder entdeckst, wird Dein Leben meist lustiger.
     

  3. Schärfe Deinen Blick für Witziges: Schau Dich in Deinem Alltag nach lustigen Dingen um. Wenn Du etwas Witziges erlebt oder gefunden hast, schreib es auf und teile es mit Freund*innen. Der Alltag bietet viele Spaßmomente. Zu Beginn musst Du vielleicht danach suchen, aber wenn Du Dir diese Momente bewusst machst und sie notierst, wird es Dir wahrscheinlich bald leichter fallen, die heitere Seite des Lebens zu sehen.

Schwarzer Humor Cartoon von Phil Hubbe: Diagnose MS.

»Zwei Jäger sind im Wald unterwegs. Plötzlich bricht einer zusammen. Der andere wählt sofort den Notruf: „Ich glaube, mein Freund ist tot. Was soll ich tun?“ Darauf der Notarzt: „Ganz ruhig! Stellen Sie zuerst sicher, dass er wirklich tot ist.“ Für einige Momente Stille. Dann ein lauter Schuss. Wieder der Jäger: „Ok, was jetzt?“«

Quellen:
1 https://www.rundschau-online.de/darueber-lacht-die-welt-laecherlich--einfach-laecherlich--11479222?cb=1663257058489&, letzter Zugriff: 23.09.2022;
2 https://www.magazin.uzh.ch/de/issues/magazin-19-1/gutlachen/these4.html, letzter Zugriff: 23.09.2022; 3 https://wirtschaftspsychologie-aktuell.de/magazin/coaching/mit-humor-gegen-den-stress-so-klappt-es, letzter Zugriff: 23.09.2022;
4 https://www.sueddeutsche.de/leben/gesellschaft-was-erwachsene-von-kindern-lernen-koennen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-150226-99-07689, letzter Zugriff: 23.09.2022.

MAT-DE-2204243-1.0-10/2022