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Meine Arbeit mit MS-Patienten in der neurologischen Ambulanz

Multiple Sklerose Labyrinth

Zunächst möchte ich sagen, dass aus meiner Sicht MS-Patienten so unterschiedlich sind, wie der Mensch an sich halt unterschiedlich ist. Da gibt es keine Muster, an denen man erkennen kann: „Oh, das muss aber ein MS-Patient sein!“. Oder: „Typisch MS-Patient.“

Ich selber war schon das ein oder andere Mal erstaunt, Patienten in unserer Ambulanz zu treffen, die ich schon länger kenne und auch ich nichts von ihrer Erkrankung geahnt hatte. Man sieht es den Menschen eben nicht an und das ist doch eigentlich auch ganz gut so. Trotzdem möchten alle Patienten natürlich ernst genommen werden mit ihren Problemen, die dann doch wieder jeder irgendwie mit sich herumschleppt. Eine Fatigue z. B. sieht man einem halt nicht an.

Auf einen anderen Punkt hat mich eine Patientin in einem Gespräch aufmerksam gemacht, indem sie mir davon berichtet hat, dass sie es schon vermeidet, bei Arztterminen gleich zu Beginn von ihrer MS zu berichten. Sie hatte oft das Gefühl, dass dann sehr schnell alles auf die MS „geschoben“ wird, ohne andere Gründe in Betracht zu ziehen. Wir erleben in unserer täglichen Arbeit die unterschiedlichsten Menschen in unterschiedlichsten Lebensphasen und gerade das ist es, was es so spannend und interessant macht.

Wir haben junge Frauen mit Kinderwunsch, die wir zum Teil dann auch mit durch die Schwangerschaft begleiten dürfen. Viele Patienten sind voll berufstätig und reisen durch die Welt. Andere sind sportlich sehr aktiv und finden dort ihren Ausgleich im Alltag. Wir haben sowohl sehr viele optimistische Patienten als auch oft pessimistische oder verunsicherte Patienten. Natürlich ist es nicht immer einfach, auf jeden individuell zufriedenstellend einzugehen.

Aber auch wir sind eben nur Menschen. Wenn es dann aber gelingt, dass die Patienten zufrieden unsere Ambulanz verlassen und wir ihnen weiterhelfen konnten, macht diese Arbeit doppelt Spaß. Entscheidend ist, für die Patienten das Optimum herauszuholen. Das kann auch einfach mal die Verordnung einer Physiotherapie oder bestimmter Hilfsmittel sein, die ihnen bisher noch nicht angeboten wurden.

Es gibt sehr gute Verläufe, die uns natürlich auch glücklich und zufrieden stimmen. Im Gegenzug leider auch Verläufe, die uns Sorgen machen. Die lassen sich halt auch nicht weglügen. Zum Glück sind diese aber immer noch gefühlt weniger der Fall als die positiven Verläufe, die wir sehen. MS – die Krankheit der 1000 Gesichter. Schon so oft zitiert. Jeder Betroffene hat da seine ganz eigene Geschichte zu erzählen. Kaum eine gleicht der anderen.

Es gibt keine Überschrift oder ein Patentrezept für den Umgang mit MS-Patienten, finde ich. Jeder hat da seine eigenen Bedürfnisse. Die einen müssen viel reden, wollen vielleicht auch sehr viel wissen. Andere machen es lieber mit sich selber aus und wollen vielleicht auch gar nicht, dass die MS im Alltag ständig Thema ist. Oder auch eine Mischung aus beidem.

Dies war jetzt mal meine persönliche Sicht auf meine Arbeit mit MS-Patienten. Es sollte bewusst kein medizinischer oder fachlicher Vortrag werden. Die gibt es ja schon genug. Ich hätte noch viel, viel mehr schreiben können, aber dann wäre es wahrscheinlich ein Buch geworden.Ich wünsche allen Betroffenen, dass sie ihren ganz persönlichen Weg finden, mit der Erkrankung umzugehen, und dass sie Menschen an ihrer Seite haben, die sie dabei unterstützen.

GZDE.MS.18.08.0579