Der beste Weg zu einer aufgeräumten Stimmung? Aufräumen!

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Eine Frau schüttet Schuhe aus einem Beutel auf ihr Bett aus, um auszumisten.

Es ist ein Klassiker auf jeder Liste mit guten Vorsätzen: Neben „Mehr Sport" und „Gesünder essen" findet sich fast immer der Vorsatz „Endlich mal wieder aufräumen". Doch warum fällt es uns oft so schwer, diesen Gedanken auch in die Tat umzusetzen? Und warum kann die Entscheidung für weniger Krimskrams sogar für mehr gute Laune und Gesundheit sorgen?

Der erste Lockdown in Coronazeiten hat es gezeigt: Unsere Dachböden und Keller quellen über von Dingen, die wir eigentlich gar nicht wirklich brauchen. Kaum war endlich einmal Zeit zum Ausmisten, konnte man an vielen Straßenecken Kisten mit dem Hinweis „Zu verschenken" entdecken. Natürlich ist uns allen klar, dass wir stets nur ein Paar Schuhe gleichzeitig tragen können und selten aus mehr als einer Tasse trinken – trotzdem sind wir immer noch „Jäger und Sammler", wenn es um Schnäppchen, neue Kleidung oder verlockende Angebote geht.

Einkaufen bringt Freude – nur wie lange?

Die Wissenschaft liefert für dieses Verhalten eine Erklärung, die jeder nachvollziehen kann, der schon einmal auf Shoppingtour war: Einkaufen macht uns Freude – die leider nicht immer so lange anhält, wie wir es uns erhoffen.

Wissenschaftler der University of British Columbia in Kanada belegten dies mit einem Experiment, bei dem Studierende 20 Dollar wahlweise für eine Anschaffung oder ein Erlebnis ausgeben durften. Beide Gruppen waren kurz nach dem Geldausgeben ähnlich zufrieden. Aber schon nach einem Monat war die Freude über den Neukauf deutlich geringer als die Begeisterung über die Events, die sich die andere Gruppe mit ihrem Geld gegönnt hatte. Kein Wunder, dass die Studierenden, die sich fürs Shopping entschieden hatten, am liebsten schon wieder etwas gekauft hätten.1

Wenn wir zu viel anhäufen und es zu Hause unordentlich wird, ist es mit der Freude über die vielen Dinge ohnehin schnell vorbei: Unordnung stresst uns und führt zu einem erhöhten Kortisolspiegel.2

Dabei wäre gerade in Zeiten, in denen viele von uns in den eigenen vier Wänden arbeiten müssen, eine aufgeräumte Umgebung besonders hilfreich, um uns zu fokussieren und um uns nicht ablenken zu lassen.

Chaos mag Kekse

Unser Verhalten wird durch die Ordnung daheim beeinflusst – sogar in Bereichen, in denen wir es auf den ersten Blick kaum vermuten würden. Der australische Wissenschaftler L. Vartanian bat Frauen über unangenehme Situationen aus ihrem Leben zu schreiben und stellte ihnen dabei Kekse und Snacks zur Verfügung. Das Resultat: War die Umgebung dabei chaotisch und ungemütlich, knabberten die Frauen fast doppelt soviel wie die zweite Versuchsgruppe, die in einer aufgeräumten Umgebung Notizen machen durfte.3

Kreatives Chaos

Doch keine Sorge: Unordnung oder sogar Chaos auf dem heimischen Schreibtisch ist nicht in jedem Fall ein Problem. Viele kreative Köpfe waren bekannt für ihre mangelnde Ordnungsliebe. So erlaubte der berühmte Psychoanalytiker Sigmund Freud sich sogar einen besonderen Scherz: Er verzierte die zahlreichen Buch- und Papierstapel in seinem Büro mit kleinen Engelsfiguren, die mit sorgenvoller Miene auf seine Unordnung blickten. Und der legendäre Künstler Bob Dylan, der als erster Musiker den Nobelpreis für Literatur verliehen bekam, kommentierte sein Verhalten einst mit den Worten:

"Ich akzeptiere das Chaos, ich bin mir aber nicht sicher, ob es mich akzeptiert."

Entscheidend ist dabei auch das Umfeld. Während wir einen kreativen Maler oder Bildhauer verehren, würde uns ein extrem unorganisierter Busfahrer oder Gehirnchirurg wohl eher Sorgen bereiten. So ist es wohl ganz gut, dass die sprichwörtlichen kreativen Genies und Chaoten nicht überall zu Hause sind.

Wer nun aber nach der Lektüre dieses Textes beschließt, jetzt aber wirklich endlich mal wieder aufzuräumen, dem hilft vielleicht ein kleiner Trick, den drei Wissenschaftlerinnen von der Pennsylvania State University entdeckten:

Wer seine Gegenstände fotografiert, bevor sie aussortiert werden, trennt sich von deutlich mehr Dingen – die Sachen verschwinden, doch die schönen Erinnerungen bleiben.4

Fünf Tricks, mit denen das Aufräumen endlich gelingt:

Trick 1: „Rom wurde nicht an einem Tag erbaut" lautet ein altes Sprichwort. Und auch beim Aufräumen gilt: Wer gleich die gesamte Wohnung auf Hochglanz bringen möchte, kommt selten zum Ziel. Einfacher ist es, sich zunächst einen Bereich vorzunehmen: den Schuhschrank im Flur, die Küchenschubladen oder den Schreibtisch im Homeoffice.

Trick 2: Wer sich einen „Aufräum-Buddy" holt, kommt gar nicht erst in Versuchung, alles einfach von A nach B zu räumen und am Ende nichts aussortiert zu haben. Mit guten Freunden, die einen kritischen Blick von außen mitbringen, umgeht man die Falle, sich bei jedem alten Teil zu sagen „Ach, irgendwann kann ich das vielleicht doch noch gebrauchen".

Trick 3: Wer das Schlimmste zuerst erledigt, hat es hinter sich. Klingt banal, macht aber alles leichter: Wer ein Stück verschenkt oder verkauft, das einem über die Jahre ans Herz gewachsen ist, hat den schwierigsten Schritt geschafft. Nun fällt der Rest gleich viel leichter.

Trick 4: Erst einpacken, dann weg damit: Wer gleich einen radikalen Schritt wagen möchte, setzt auf die Kartonmethode. Einfach die herumliegenden Papierstapel und Ähnliches in einen Karton werfen und abwarten. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass man nach einiger Zeit feststellt, dass man nichts vermisst von dem, was in der Kiste verstaut wurde. Dann kann es auch gleich die Reise zum nächsten Altpapiercontainer antreten.

Trick 5: Mach es wie Marie Kondo: Die japanische Style-Expertin ist so erfolgreich, dass sich im englischen Sprachgebrauch das Verb to kondo etabliert hat, wenn es um das Aufräumen eines Schrankes geht. Ihr Vorschlag: Behalte nur, was Dir Freude macht. Dafür wird jeder Gegenstand im Haushalt kritisch betrachtet – was einem kein Lächeln ins Gesicht zaubert, kann nach Meinung von Frau Kondo weg. Vorher sollte man sich ihrer Meinung nach bitte noch mal bei jedem Stück bedanken. Aber Vorsicht: Ungeliebte Dinge wie alte Steuererklärungen muss man natürlich in jedem Fall aufbewahren.

Und wenn Du schon dabei bist aufzuräumen, kannst Du auch Gewohnheiten oder Routinen in Augenschein nehmen und prüfen, ob sich das eine oder andere nicht besser in Deinen Alltag integrieren lässt. Sprich auch mit Deinem Arzt, ob sich Behandlungsroutinen oder therapeutische Maßnahmen nicht besser in Dein Leben integrieren lassen, falls es Dir schwerfällt, bei Deiner Therapie am Ball zu bleiben.

Quellen:
1 Aaron C. Weidman, Elizabeth W. Dunn. The Unsung Benefits of Material Things: Material Purchases Provide More Frequent Momentary Happiness than Experiential Purchases. Sage Journals 2016;7(4):390–399.
2 Darby E. Saxbe, Rena Repetti. No Place Like Home: Home Tours Correlate With Daily Patterns of Mood and Cortisol. Pers Soc Psychol Bull 2010;36(1):71–81.
3 Lenny R. Vartanian, Kristin M. Kernan, Brian Wansink. Clutter, Chaos, and Overconsumption: The Role of Mind-Set in Stressful and Chaotic Food Environments. Sage Journals 2017;49(2):215–223.
4 Karen P. Winterich, Rebecca W. Reczek, Julie R. Irwin. Keeping the Memory but Not the Possession: Memory Preservation Mitigates Identity Loss from Product Disposition. Sage Journals 2017;81(5):104–120.

MAT-DE-2200295-1.0-02/2022