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Du glaubst, ich simuliere?

Pusteblumen in unterschiedlichen Farben

Man mag es nicht glauben, aber tatsächlich wurde mir schon sehr oft Simulation vorgeworfen. Zuletzt, zumindest wissentlich, in meiner Reha . Diese wurde mir von der Rentenversicherung aufgebrummt, als ich meine Erwerbsminderungsrente beantragte. Nach vier elenden Wochen sagte mir dann eine Psychologin, MS-ler würden oft simulieren, deshalb hätte man mich so „in die Mangel“ genommen.

Spruch auf rosa Hintergrund

Ich war damals ernsthaft geschockt, denn eine „Täuschung“, noch dazu vorsätzlich, käme für mich so gar nicht in Frage – noch dazu würde mich das im Zusammenhang mit meiner Fatigue viel zu viel Energie kosten! Wo sollte ich denn bitte sehr diese Energie herholen, um vorzugeben, ich hätte Fatigue, um wiederum die Erwerbsminderungsrente zu erhalten? Irre!

OK, es mag Menschen geben, die eine Irreführung als Mittel der Wahl ansehen – im echten Leben wie auch mit Behörden. Aber zu dieser Gattung gehöre ich so gar nicht und deshalb hat mich dieser Vorwurf damals auch sehr getroffen.

Spruch auf rosa Hintergrund 2

Was wäre es doch für ein Akt, eine MS mit all den 1000 Gesichtern vorzutäuschen! Das stelle man sich mal vor! :-)

Kaffeepulver in die Kaffeemaschine einfüllen: das geht immer (IMMER!!!) daneben: wer hätte Lust, sich schon morgens vor der ersten Tasse Kaffee kniend auf dem Küchenboden vorzufinden, um das Kaffeepulver mühsam aufzuwischen? Wer möchte sich, wenn er gefrühstückt hat und noch 1000 Pläne für den Tag hat, der Fatigue ergeben müssen, oder den anderen 999 Gesichtern der MS und somit seine Pläne durchkreuzt sehen?

Sind die Pausen, die so dringend notwendig sind, Simulation? Nein, sie sind ebenso mein MS-Alltag wie die Spastiken und die abnorme Erschöpfung während meines geliebten Malens!

Bloggen, meine Lieblingsbeschäftigung neben dem Malen und Zeichnen: auch hier sind mir Fatigue-Grenzen gesetzt und obwohl es mich ausfüllt, meiner Seele, meinem Geist und meinem Körper jeweils sehr gut tut, ist es doch auch immer wieder Höchstleistung! Ich liebe mein Tun und lasse mich weder davon abbringen, noch entmutigen. Niemals! Aber ich weiß, dass es passieren kann, dass ich mitten beim Malen, wenn ich gerade alle Farbtiegel geöffnet habe, mich direkt wieder hinlegen muss. 1000 Gesichter, 1000 Möglichkeiten – der Grund ist fast egal, denn es ist ein Handicap, eine unliebsame Unterbrechung.

Simulation? Nein, MEIN Alltag und doch ist er liebenswert und erfüllend.

Ich bin dankbar, dass ich meine volle Erwerbsminderungsrente erhalten habe, um endlich etwas Lebensqualität zurückzubekommen, um mir MEINEN MS-Alltag einteilen zu können und mir keine Gedanken mehr machen muss, wem ich beweisen muss, dass ich LEIDER ernsthaft krank bin, dass ich NICHT simuliere und tausendmal lieber gesund und arbeitsfähig wäre und dann noch nach einem ausgefüllten Berufsalltag meinen Hobbies nachgehen könnte.

Aufstehen und schon erschöpft sein – ein Gesunder, der morgens vielleicht aus seinem Bett herausspringt, müsste sich erst einmal stolpernd Richtung Bad bewegen und sich nach der Dusche erst noch einmal hinlegen! Täuschung? Nein: Fatigue und Erschöpfung am Morgen. Normalität.

Irreführung? Nein – Alltag!

Spruch auf grauem Hintergrund

Eine Simulation gibt es allerdings in meinem Leben: manchmal simuliere ich, dass es mir gut geht! :-)

Warum? Um mich nicht erklären zu müssen und um möglichst „normal“ zu erscheinen und mir selbst zu beweisen, dass ich meinen Tag packe. :-)

GZDE.MS.16.02.0253