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Depressionen und MS – Umgang mit psychischer Belastung

Nachdenkliche Frau im Garten vor einem Kaffee

In meinem heutigen Beitrag geht es um das Thema Multiple Sklerose und Depressionen. Darüber zu sprechen kostet noch immer viele Patienten Überwindung. Es ist bekannt, dass ungefähr die Hälfte der an MS erkrankten Menschen im Laufe ihrer Erkrankung eine depressive Phase oder eine sogenannte Anpassungsstörung erleiden. Die Gründe für den Beginn einer Depression können unterschiedlich sein.

Häufig liegt es an der veränderten Lebensqualität der Betroffenen, aber es gibt auch Hinweise darauf, dass eine Veränderung der Hirnstruktur MS-Patienten anfälliger für Depressionen macht. Die Symptome einer Depression sind vielfältig, doch nicht jedes Symptom muss notwendigerweise auftreten, um die Diagnose stellen zu können.

Meist habe ich bei Laborkontrollen oder wenn ein Rezept abgeholt wird die Möglichkeit, die Patienten regelmäßig zu sehen und kurz mit ihnen zu reden. Häufig merkt man schnell, wenn etwas nicht im Lot ist und Personen bedrückt wirken. Ich versuche dann, wenn die Zeit in der Praxis es hergibt, sie unter vier Augen zu fragen, ob etwas nicht in Ordnung ist. Viele sind erst einmal überrascht, dass es einem auffällt, aber man merkt sich doch die Patienten, die regelmäßig in die Praxis kommen :)

Oft berichten mir die Betroffenen dann erleichtert über ihre Beschwerden und häufig sind es doch sehr ähnliche Symptome, wie z. B. Antriebs- und Interessenlosigkeit, Schlafstörungen, massive Erschöpfbarkeit oder auch mal Schmerzen im Körper. Wenn sie dann schon längere Zeit über diese Beschwerden klagen, dann empfehle ich ihnen dringend einen Termin beim Arzt. Denn diese Symptome gehören definitiv abgeklärt und wenn eine Depression dahintersteckt, ist diese in den häufigsten Fällen gut zu behandeln.

Besonders wichtig ist es für mich, meine Patienten am Anfang der Diagnosestellung aufzufangen. Ein Leben mit einer chronischen Erkrankung, für die es noch keine Heilung gibt, ist ein harter Brocken. Deswegen ermuntere ich meine Patienten, dass sie Wut und Trauer zulassen sollen. Dies ist eine ganz normale Reaktion, die auch jeder durchleben sollte. Denn erst wenn all diese Gefühle raus sind, kann die Akzeptanz folgen und ein gesunder Umgang mit der Erkrankung beginnen. Auch viel Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen und über Ängste und Gefühle zu sprechen, kann in dieser Zeit hilfreich sein.

Aus meiner Erfahrung möchte ich noch ein paar Tipps und Strategien zur Bewältigung der Depression mitgeben bzw. Möglichkeiten, selber der Depression entgegenzuwirken:

- Treibt viel Sport! Sport steigert die Aktivierung des „Glückshormons", natürlich Serotonin. - Verbringt viel Zeit im Freien! Tägliche Spaziergänge an der frischen Luft tun Körper und Seele gut.

- Besorgt Euch ein Haustier! In meinem ersten Beitrag Haustiere: Treue Begleiter in allen Lebenslagen | MS Begleiter (ms-begleiter.de) habe ich ausführlich die Vorteile eines Haustiers erläutert.

- Verbringt viel Zeit mit Menschen, die ihr liebt, z. B. Familie und Freunde! Gute Freunde haben immer ein offenes Ohr und sind einmal die Probleme von der Seele geredet, sieht die Welt meist nicht mehr so düster aus. Hier können auch MS-Communitys in den Sozialen Medien helfen.

- Nehmt Euch, wann immer es geht, eine Auszeit vom Alltag und beschäftigt Euch nur mit Dingen, die Euch Spaß machen!

- Und zuletzt: Habt keine Scheu mit Eurem Arzt oder Eurer MS-Schwester über Eure Probleme zu reden! Depressionen sind eine ernstzunehmende Erkrankung und nichts, für das man sich schämen muss. Eine Therapie kann helfen, Lebensfreude und Lebensqualität wiederzufinden.

Alles Gute und passt auf Euch auf!

Eure MS-Nurse Gülsüm

MAT-DE-2102942-1.0-06/2021