Meditation – Urlaub für den Alltag
7 Min. Lesezeit
Die Achtsamkeitswelle boomt und es gibt immer mehr Techniken, die Dir helfen können, gelassener zu werden und dem Stress ein Schnippchen zu schlagen. Einige dieser Methoden sind zwar schon sehr alt aber immer noch aktuell. Zum Beispiel Meditation – Menschen meditieren seit Jahrtausenden und die Gelassenheit von regelmäßig Praktizierenden kann beeindruckend sein. Wir haben uns Meditation genauer angeschaut und recherchiert, was die Wissenschaft dazu sagt.
Das Wort "Meditation" stammt aus dem Lateinischen und steht für "Nachsinnen". Jetzt könnte man annehmen, bei der Meditation geht es darum intensiv über ein Thema nachzudenken. Aber das ist nicht damit gemeint. Lange und intensiv über ein Problem zu grübeln könnte negative Wahrnehmungen verstärken. Meditation sollte jedoch nicht schwierig oder anstrengend sein, sondern leicht und befreiend. Sicher, etwas Disziplin gehört dazu und das Sitzen oder ungewohnte Aktivitäten wie langsames Gehen können am Anfang herausfordernd sein. Wer jedoch dran bleibt, kann recht schnell von der Meditation profitieren.
Beim Meditieren helfen Dir Konzentrations- oder Achtsamkeitsübungen Deinen Geist zur Ruhe kommen zu lassen. Dabei liegt die Betonung auf „lassen“, denn es geht in der Meditation nicht darum Gedanken wegzudrängen. Ziel ist vielmehr Dinge unvoreingenommen zu betrachten und unnötigen Gedankenballast loszulassen.
Stille muss man nicht aktiv erzeugen, Stille kann man einfach zulassen.
Es gibt eine Vielzahl an Methoden wie Du meditieren kannst. Auf einzelne Methoden genauer einzugehen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Das Internet bietet hier viel Information und es lohnt sich etwas zu recherchieren, um eine Technik zu finden, die zu Dir passt. Grundlegend kann man zwei Arten von Meditation unterscheiden:
- Passive Mediation: Bei der passiven Meditation wird in der Regel sitzend und in Stille geübt. Meist wird dabei die gesamte Aufmerksamkeit auf den eigenen Atem gelenkt. Es gibt jedoch auch andere Dinge, auf die Du Dich konzentrieren kannst, wie ein Bild, eine Kerze, Geräusche, Gerüche, Gedanken oder Gefühle.
- Aktive Meditation: Bei aktiveren Meditationsformen lenkt man seine Konzentration auf eine bestimmte Aktivität, wie Gehen, das Rezitieren bestimmter Wörter, man summt, singt, tanzt etc. Einige aktive Formen der Meditation enden mit einer sitzenden Sequenz. Die aktiven Übungen dienen dann als Vorbereitung auf einen passiven, stillen Teil der Meditation.
Tipps für den Anfang
So manche Meditationsform lässt sich recht einfach in den Alltag integrieren. Zum Beispiel kann jeder Gang zu einer Gehmeditation werden und jede Wartezeit lässt sich als Meditationszeit nutzen. Damit das funktioniert, solltest Du eine fundierte Übungspraxis haben und regelmäßig eine bestimmte Technik trainieren. Um Dir den Einstieg zu erleichtern haben wir ein paar Tipps:
- Denk daran: Es geht bei der Meditation nicht um Leistung, sondern darum, eine beständige Übungspraxis aufzubauen, die Dir guttut und in Deinen Alltag passt.
- Du kannst Dich vorab über verschiedene Meditationstechniken informieren. Suche eine Form, die Dich anspricht und die Du ausprobieren möchtest.
- Ein Lehrer kann Dir ebenfalls beim Einstieg in die Meditation helfen. Wie bei der Technik, muss auch der Lehrer passen. Du solltest Dich wohlfühlen und gerne zu den Kursen gehen.
- Überleg Dir zu Beginn, wann Du die Meditation in Deinen Tag einplanen kannst. Wenn Du eine feste Zeit hast, wird es in der Regel einfacher, regelmäßig zu üben.
- Richte Dir einen Ort ein, an dem du Dich wohlfühlst und gerne aufhältst. Ein fester Platz kann hilfreich sein. Das heißt aber nicht, dass Du immer am selben Ort meditieren musst. Die Frage nach dem „Wo” sollte Dich unterstützen und Dir nicht im Weg stehen.
Wer regelmäßig meditiert lernt die eigenen Gedanken bewusster wahrzunehmen. Manchmal passiert dabei am Anfang genau das Gegenteil von Ruhe und die Gedanken werden scheinbar lauter. Bleib geduldig und lass Dir Zeit. Wie bei jeder Praxis braucht auch die Meditation etwas Übung. Unser Tipp: Meditiere, um zu meditieren und nicht um etwas Bestimmtes zu erreichen. Absichtslos zu beginnen ist eine gute Voraussetzung, um Frust zu vermeiden. Hast Du die passende Meditationsform erst gefunden, können sich schnell wirksame Effekte einstellen.
Meditation in der Wissenschaft
Seit einigen Jahren hat sich die Wissenschaft dem Thema Meditation angenommen. Zahlreiche Studien haben untersucht, auf welche Weise Achtsamkeit und Meditation Körper und Geist beeinflussen können. Wir haben einige besonders interessante Ergebnisse für Dich zusammengestellt:
- Die erste Studie konnte zeigen, dass eine regelmäßige Achtsamkeitsmeditationspraxis graue Hirnsubstanz aufbauen kann. Dazu wurden MRT-Aufnahmen von 16 gesunden Teilnehmern ohne Erfahrung in der Meditation gemacht, jeweils vor und nach einem achtwöchigen Meditationsprogramm. Die Analysen der Aufnahmen zeigten eine Zunahme der grauen Substanz in Hirnregionen, die an Lern- und Gedächtnisprozessen und der Regulierung von Emotionen beteiligt sind.1
- Die Ergebnisse der zweiten Studie deuten darauf hin, dass die Aufmerksamkeitsmeditation Hirnaktivitäten auf Areale verlagert, die für die Gedächtnisleistung relevant sind. Zudem erhöht sich die Aktivität in den Bereichen, die für Glücklichsein und andere positive Gefühle zuständig sind, während die Aktivität im Angstzentrum abnimmt.2
Viele Studien beschäftigten sich mit der Frage, wie Meditation auf den Körper wirkt, zum Beispiel, ob man Veränderungen in den Strukturen des Gehirns nachweisen kann. Wir stellen die Ergebnisse von zwei Studien vor:
Es wurden viele Studien mit geübten Meditierenden gemacht, bei denen viel Zeit in stiller Konzentration verbracht wurde. Nicht jeder hat jedoch täglich die Zeit stundenlang zu meditieren. Dass 20 Minuten an vier aufeinanderfolgenden Tagen genügen, um kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit und Konzentration deutlich zu verbessern, fanden US-Forscher von der Wake Forest University School of Medicine in Winston-Salem heraus.
Für die Studie ließen die Forscher die Teilnehmer zunächst einige Tests absolvieren, um ihre Stimmungslage, die Gedächtnisleistung, die visuelle Aufmerksamkeit und die Konzentrationsfähigkeit festzustellen. Anschließend wurden die Probanden in zwei Gruppen aufgeteilt: Die einen hörten an vier aufeinanderfolgenden Tagen 20 Minuten lang ein Hörbuch, die anderen meditierten. Danach wurden erneut Tests durchgeführt. Das Ergebnis: Zwar hatte sich die Stimmung der Teilnehmer in beiden Gruppen verbessert, doch bei der Meditationsgruppe war darüber hinaus eine Steigerung der kognitiven Fähigkeiten feststellbar. Sie schnitten in Tests zum Arbeitsgedächtnis und zur räumlich-visuellen Wahrnehmung besser ab. Besonders deutlich war die Verbesserung bei kognitiven Tests, die unter Zeitdruck durchgeführt wurden. Außerdem hatten die Meditierenden weniger Angstgefühle und waren nicht so müde.3
2015 untersuchten Forscher der Ruhruniversität Bochum die Auswirkung von Zen-Meditation auf das Gefühl in den Fingerspitzen. Die Wissenschaftler beobachteten 20 erfahrene Meditierende im Rahmen eines Seminars. Neben den regulären Meditationssitzungen sollten 10 Probanden an vier aufeinanderfolgenden Tagen ihre Konzentration jeweils für zwei Stunden auf den rechten Zeigefinger richten, während die anderen 10 Probanden ihre reguläre Meditation fortsetzten.
Danach wurde die Reizreaktion in diesem Finger gemessen. Dazu wurde die sogenannte Zwei-Punkt-Diskriminationsschwelle bestimmt. Dieser Wert gibt an, wie weit zwei Reize voneinander entfernt sein müssen, damit eine Person sie als getrennte Reize wahrnimmt. Bei den Meditierenden verbesserte sich der Schwellenwert des rechten Zeigefingers um 17 Prozent im Vergleich zum Ausgangswert, was dem Fingerspitzengefühl von Musikern oder Sehbehinderten nahekommt. Diese Forschungsergebnisse zeigen, dass intensives Training die Sinneswahrnehmung verbessern kann.
Forscher der Wake Forest University in North Carolina haben nicht nur gemessen, wie stark Meditation Schmerzen lindern kann, sondern auch die entsprechenden Vorgänge im Gehirn untersucht. Dazu hielten die Forscher den freiwilligen Teilnehmern der Studie eine knapp 50 Grad warme Platte ans rechte Bein. Sechs Minuten lang wurde diese im Abstand von einigen Sekunden an- und ausgeschaltet. Für die meisten Menschen ist das ziemlich schmerzhaft. Im Anschluss beschrieben die Probanden, wie stark der Schmerz und das unangenehme Gefühl waren.
Danach bekamen die Teilnehmer an vier Tagen eine kurze Einweisung in die Achtsamkeitsmeditation, die insgesamt eineinhalb Stunden dauerte. Jetzt mussten die Probanden die Prozedur erneut erdulden – dieses Mal sollten sie dabei jedoch meditieren. Wieder wurden sie im Anschluss gebeten, Schmerz und das unangenehme Gefühl zu bewerten. Das Ergebnis: Die Schmerzen wurden als 40 Prozent weniger intensiv und 57 Prozent weniger unangenehm empfunden. Diese Werte übertreffen sogar die Wirkung mancher Schmerztablette.
Die Wissenschaftler der Wake Forest University wollten auch wissen, welche Hirnareale für diesen Effekt zuständig sind. Messungen im MRT ergaben, dass die Aktivität in einer bestimmten Region im Großhirn zurückging. Diese ist unter anderem für die Wahrnehmung von Ort und Intensität von Schmerzen wichtig. Auch in anderen Hirnarealen fanden die Forscher Unterschiede durch die Meditation, etwa in einer Region, die an der Bewertung von Sinneseindrücken beteiligt ist.
Neurowissenschaftler der University of Wisconsin-Madison und des Center for Investigating Healthy Minds am Waisman Center konnten in einer Studie zeigen, dass Achtsamkeitsübungen sowohl den Stress als auch bestimmte Marker im Blut, die die Entzündungsaktivität anzeigen, reduzierten.
Die Forscher verglichen in der Studie die Effekte eines Meditationsprogrammes mit denen eines Gesundheitskurses, der Ernährungsberatung Bewegung, Balance- und Kraftübungen sowie Musiktherapie beinhaltete. Beide Versuchsgruppen sollten über acht Wochen gleich häufig üben und erhielten dieselbe Anzahl angeleiteter Stunden.
Über einen definierten Test wurde bei den freiwilligen Teilnehmern psychischer Stress erzeugt und eine spezielle Salbe löste Entzündungsreaktionen lokal auf der Haut aus. Vor und nach dem Übungsprogramm wurden sowohl die lokale Entzündungsreaktion als auch die Hormonausschüttung gemessen. Die Forscher konnten beobachten, dass durch beide Programme Stress abgebaut werden konnte. Das Achtsamkeitstraining führte jedoch zusätzlich zu einer deutlich geringeren Entzündungsreaktion.
Quellen:
1 Hölzel BK et al., Psychiatry Res 2011; 191(1): 36–43
2 Singleton O et al., Neurosci 2014; 8: 33
3 Zeidan F et al., Conscious Cogn 2010; 19(2): 597–605
4 Sebastian TP et al., Sci Rep 2015; 5: 13549
5 Zeidan F et al., J Neurosci 2011; 31(14): 5540–5548
6 Rosenkranz MA et al., Brain Behav Immun 2013; 27(1): 174–184
7 Epel ES et al., Transl Psychiatry 2016; 6(8): e880
MAT-DE-2003377 v1.0 (10/2020)
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