Muss ich meinen Arbeitgeber über die MS informieren?

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Muss ich meinen Arbeitgeber Åber die MS informieren

Wie wird mein Arbeitgeber reagieren, wenn er von der Diagnose MS erfährt? Bin ich verpflichtet, ihm von der Erkrankung zu berichten? Werden meine Kollegen dann noch unbefangen mit mir umgehen? Solche und ähnliche Fragen machen so manchem MS Betroffenen Sorge. Was aus rechtlicher Sicht zu beachten ist, erläutert die Juristin Gabriele Landthaler, die selbst an MS erkrankt ist.

Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber nicht darüber informieren, wenn eine chronische Erkrankung bei ihnen diagnostiziert wird. Das gilt selbstverständlich auch für die Multiple Sklerose. Allerdings gibt es besondere Fälle, in denen trotz dieser grundsätzlichen Regel eine Informationspflicht besteht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Erkrankung verhindert, dass die im Arbeitsvertrag vereinbarte Leistung erbracht werden kann oder wenn es zu Gefährdungen durch die Erkrankung kommen kann.

Solche Situationen können durchaus bei Vorliegen einer Multiplen Sklerose auftreten. So kann es beispielsweise sein, dass ein Maschinenführer mit einem MS Schub seinen Arbeitsbereich durch das Auftreten von Doppelbildern nicht mehr klar erkennen kann. Eine hohe Gefährdung für den Betroffenen besteht zum Beispiel bei einem Dachdecker mit Gangunsicherheiten infolge der MS. Leidet beispielsweise ein Berufsfahrer mit MS unter Sehstörungen oder Spastiken in den Beinen, sind sogar Dritte gefährdet. Selbstverständlich muss der Arbeitgeber in solchen Fällen unverzüglich von den Einschränkungen in Kenntnis gesetzt werden, damit ein Unfallrisiko vermieden werden kann.

"Ich war positiv überrascht, wie verständnisvoll der Chef und die Kollegen reagiert haben, als ich gesagt habe, dass ich an einer MS leide."

Auch wenn einem MS Betroffenen eine Schwerbehinderung oder eine entsprechende Gleichstellung bescheinigt wurde, kann die Pflicht bestehen, den Arbeitgeber darüber zu informieren. Keine Informationspflicht besteht in den ersten sechs Beschäftigungsmonaten, in denen der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte (oder diesen gleichgestellte) Menschen noch nicht greift. Nach dieser Zeitspanne muss der Arbeitnehmer jedoch wahrheitsgemäß antworten, wenn sein Arbeitgeber fragt, ob eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung vorliegt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 16.02.2012 (Az.: 6 AZR 553/10) bekräftigt. Begründet wurde dies mit den besonderen Verpflichtungen auf Seiten des Arbeitgebers hinsichtlich einer behindertengerechten Beschäftigung, aufgrund des besonderen Kündigungsschutzes, der zu entrichtenden Ausgleichsabgabe sowie des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen.

Zur Autorin
Gabriele Landthaler ist Juristin und derzeit in der Sozialverwaltung tätig. Im September 2000 wurde bei ihr eine Multiple Sklerose diagnostiziert. Die nach wie vor begeisterte Sportlerin betreibt trotz gelegentlicher Einschränkungen aktiv Tanzsport und Leichtathletik.

Apropos
Weiterführende Informationen gibt es im Internet unter:

www.bmas.de
Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen im Wortlaut, Ratgeber für Menschen mit Behinderungen zum Download

www.integrationsaemter.de
ABC – Behinderung & Beruf, Handbuch für die betriebliche Praxis zum Download; jetzt auch als kostenlose App!

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